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Sieger zu begrüßen; war er nirgends zu sehen. Wohin er sich bege-
ben, mochte wohl Niemand ahnen. Er war aufs dem Wege, ein
schmerzlich theures Geschäft zu verrichten. In seinen blauen Feldman-=
tel gehüllt, von einem einzigen Diener begleitet, schreitet er durch meh-
rere enge Gassen nach der entlegenen Adlerstraße. Hier tritt er in ein
Haus, steigt zwei Treppen hinauf, klopft leise an eine Thür, worauf
eine schwache, zitternde Stimme „herein“ ruft, und steht nun vor seinem
alten treuen Lehrer Duhan, der mit ihm einst eine lange Leidenschule
durchgemacht. Duhan, der seinem königlichen Freunde im Geiste über-
all auf den Schlachtfeldern gefolgt war und seine Triumpfe mit ge-
nossen hatte, konnte ihm heute nicht entgegen jubeln. Eine schwere
Krankheit fesselt ihn an's Lager. Der Tod steht ihm auf der Stirne
geschrieben. Friedrich erfaßt die schlaffe dürre Hand des Sterbenden,
schaut ihm in das bleiche Antlitz, das in diesem Augenblicke eine über-
irdische Freude verklärt, und mit wehmüthiger Stimme: „Mein lieber
Duhan, mein theuerer Lehrer, dem ich so viel verdanke, wie schmerzt
es mich, Sie so leiden zu sehen! Wollte Gott, ich könnte Etwas zu
Ihrer Wiederherstellung thun!!““ Duhan erwiedert, indem eine Thräne
sein mattes Auge feuchtet: „Ew. Masestät noch einmal gesehen zu
haben, ist die größte Freude, die mir hier noch begegnen kann. Nun
werde ich leichter sterben.“ Friedrich unterhielt sich noch ein wenig mit
dem Leidenden und nahm dann mit tiefstem Schmerze Abschied ven ihm.
Am folgenden Tage starb Duhan. Der König sorgte für seine
Familie.
147. Friedrich am Sterbebette Duhan's.
Orgeltöne brausen. Jubelhymnen schallen
Siegesglocken läuten, Freudenschüsse fallen
Durch die weiten Straßen wogt es auf und nieder:
Preußeus Heldenkönig kehrt zur Hauptstadt wieder.
Jeder will ihn schauen, Jeder ihn begrüßen,
Ihn, den Ruhmgekrönten, Freudenthränen fließen.
Er ist eingezogen; doch darauf verschwunden;
Wo man ihn auch suchet, er wird nicht gefanden.