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Marschall Soubise. Mit dem französischen Heere vereinigte sich bei
Erfurt die deutsche Reichsarmee. Letztere war vom Kaiser aufgeboten
worden, um den König zu züchtigen, weil er den Reichsfrieden gebro-
chen habe. Das Reichsheer bestand aus mancherlei Völkerschaften.
Mit Ausnahme der Bayern, Pfälzer und Würtemberger war die
Mannschaft meist höchst ungeregelt. Die Offiziere bestanden oft nur
aus ehrlichen Bauernburschen, die so eben vom Pfluge wegkamen.
Schweinetreiber waren zu Querpfeipfern avancirt, Karrengäule, von
ehrwürdigem Alter, zu muthigen Dragonerpferden veredelt. Behä-
bige Klosterknechte hatten ihre leinene Kittel abgelegt und waren als
stattliche Grenadiere dem Kalbfelle gefolgt. Ausgediente Postillone,
verabschiedete Lohnkutscher bildeten eine stolze Kavallerie. Die Kriegs-
geräthe, Pauken, Trommeln und Trompeten waren aus den staubigen
Winkeln der Zeughäuser oder von alten Ritterburgen zusammengeschleppt
worden und paßten vollkommen zu den buntscheckigen Uniformen dieser
traurigen Armee, die Niemand ohne Lachen ansehen konnte, und von
der man dessen ungeachtet große Heldenthaten erwartete. Bei Roßbach
unweit Weißenfels schlug Friedrich sein Lager auf. Sein Heer war
nur 22,000 Mann stark. In dreifacher Anzabl rückten die Feinde
eilig heran. Beim Anblicke der kleinen Preußenschaar tiefen sie spöt-
tisch: „Sehet da die Potsdamer Wachtparade!“ Nach Paris schricb
der feindliche Heerführer Soubise: der König von Preußen werde
nächstens als Gefangener dort eintreffen. Damit ihnen aber Friedrich
nicht entrinne, zogen sie mit klingendem Spiel und flatternden Fahnen
in langen Reihen um den Hügel herum, worauf die Preußen standen,
um sie zu umzingeln. Der König saß unterdessen mit seinen Generalen
ruhig an der Mittagstafel, als wäre er in seinem Schlosse Sanssouci,
und die Soldaten im Lager kochten, brieten und aßen. Die Franzosen
schüttelten verwundert die Köpfe und hielten diese sorglose Ruhe für
dumpfe Verzweiflung. Friedrich aber wußte, was er wollte. Nach
zwei Uhr gab er plötzlich ein Zeichen. Die Zelte verschwinden, als
ob ein Sturmwind sie weggerafft. Die Regimenter stehen in Schlacht-
ordnung, die Kanonen donnern, und wie der Bilitz stürzt der kühne
Seydlitz mit der Reiterei auf die überraschten Feinde und treibt sie,
ehe sie sich irgendwo zu einer Schlachtlinie sammeln können, wie Spreu
auseinander. Zugleich rückt auch der Prinz Heinrich mit dem Fußvolk
im Sturmschritt vor. Verwirrung und Schrecken fährt in der Feinde
Reihen, und wie gescheuchtes Wild suchen sie ihr Heil in wilder Flucht.
Manche Flüchtlinge schöpften erst Athem, als sic die Fluthen des Rheines
hinter sich rauschen hörten. Ein paar Dragoner nahmen 100 Franzosen