Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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hatte sich den Oesterreichern ergeben, und selbst die Hauptstadt Schle- 
siens war den Feinden wieder in die Hände gefallen. Der letzte Ver- 
lust war für den König um so empfindlicher, als der Fürstbischof von 
Bredlau, Graf Schaffgotsch, den Friedrich zu dieser hohen Würde er- 
hoben, sich offen auf die Seite Oesterreichs stellte, gegen den König 
heftige Schmähungen ausstieß und den ihm verliehenen schwarzen Adler- 
Orden von der Brust riß und mit Füßen trat. Maria Theresia, die 
sich nun wleder im Besitze Schlesiens glaubte, ließ für die glückliche 
Wiedereroberung des Landes in allen Kirchen Gott danken. Friedrich 
aber meinte, die Kaiserin sollte sich nicht allzusicher dünken. Ohne seinen 
Truppen Ruhe zu gönnen, brach er in Eilmärschen nach Schlesien auf, 
und trotz kalter Regengüsse, rasender Winterstürme und aufgeweichter 
Straßen war er in wenigen Tagen bei Carchwitz angekommen. Hier 
führte ihm der alte Zieten die Ueberreste der schlesischen Armee zu. 
Von 60,000 Mann waren kaum noch 10,000 vorhanden. Als der 
graue Hufarengeneral mit diesem Häuflein vor den König trat, strich 
er sich verdrießlich den Bart und sagte kein Wort. Friedrich aber 
schüttelte ihm kräftig die Hand und sprach: „Wir wollen's jetzt besser 
machen.“ „Ja,'“ brummte Zieten, „habe ich es Ew. Majestät nicht 
#immer gesagt, wir Beide müssen zusammen halten, sonst geht's nicht!“ 
Zieten's Schaar war außerordentlich muthlos. Der König aber trat mitten 
unter sie, schenkte ihnen freundliche Worte, erinnerte sie an ihre früheren 
Thaten und gewährte ihnen bessere Lebensmittel. Das ermunterte die 
verzagten Gemüther, und als nun vollends ihre Kameraden, die Sieger 
von Roßbach, ihre ruhmreichen Thaten erzählten, da schwollen ihre 
Herzen wieder von feurigem Muthe, so daß Friedrich es wagen konnte, 
einem fast dreimal stärkern Feinde mitten im Winter eine Schlacht an- 
zubieten. Die Gefahr, von den Oestreichern besiegt zu werden, war 
freilich nicht gering. Doch sein Entschluß stand unerschütterlich fest. 
„Ich muß die Feinde schlagen oder untergehen!“ rief er; „darum 
werde sie angreifen, sollten sie auch auf den Kirchthürmen von Breslau 
oder auf dem Zobtenberge stehen.“ Der feindliche Anführer, Prinz 
Karl von Lothringen, freute sich, als er hörte, die Preußen seien im 
Anzuge. Ihr Untergang schien ihm gewiß. Er verließ sein festes Lager 
und zog dem Könige entgegen. Der vorsichtige Feldmarschall Daun 
wollte sich lieber in seiner festen Stellung angreifen lassen. Ueber dessen 
unthätiges Zaudern wurde Prinz Karl jedoch unwillig, und der Ge- 
neral Luchesi war übermüthig genug, gegen Daun zu ädußern, man 
werde schon ohne ihn die Potsdamer Wachtparade nach Hause schicken.
	        
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