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bofe sich die Oesterreicher fest verschanzt hatten. Unter Trommelschlag
rückten die Bataillone in geschlossenen Reihen darauf zu. Sobald sie
aber in die Schußlinie kommen, kracht und knallt es hinter allen Hecken
und Zäunen, aus den Fenstern, Kellerlöchern und Dachluken. Trotz
des heftigen Kugelregens dringen sie bis zum Dorfe vor. Alle Ein-
gänge aber sind verrammelt; sie müssen zurück. Eine andere Schaar
macht denselben Weg und hat dasselbe Schicksal. Schon fangen die
Truppen an muthlos zu werden; selbst der Anführer eines Gardeba-
taillons stutzt und macht beim Vorrücken Halt. Da springt der Haupt-
mann von Möllendorf, der nachherige Feldmarschall, vor die Linie und
ruft: „Ein anderer Mann vor! Leute, folgt mir! Jetzt, Garde, zeige
was Du kannst! In fünf Minuten muß das Dorf unser sein. Vor-
wärts! Marsch!“ Im Sturmschritte ging es durch den Kugelregen.
Rechts und links flelen die Gardisten. Die Uebrigbleibenden stehen
bald vor einem Scheunenthore. Kräftige Axthiebe und Kolbenschläge
zertrümmern dasselbe; Eggen, Pflüge, Holzstöße, die den Eingang ver-
sperren, werden bei Seite geschleudert, und der Weg in das Dorf ist
erzwungen. Jubelnd folgen die übrigen Bataillone, breiten sich
in Gehöften, hinter Wänden und Mauern aus, erobern Haus
für Haus, drängen den Feind von Graben zu Graben und treiben
ihn endlich unter heftigem Kampfe zum Dorfe hinaus. Hinter dem-
selben auf einer Anhöhe sammeln sich die Kaiserlichen wieder und
richten ihre Kanonen auf das Dorf. Auch das preußische schwere
Geschütz wird herbei geschleppt. Eine schreckliche Kanonade beginnt.
Die Kanonenkugeln und Granaten der Feinde schlugen hier durch die
Sparren der Wohnhäuser, dort in die gefüllten Scheunen, hier in die
Reihen der Krieger, dort unter eine Viehheerde, daß es ringsum krach-
te, dröhnte, knatterte und lärmte. Dazwischen wirbelten dicke Rauch-
säulen ausS den brennenden Gehöften, und lodernde Flammen schlugen
hoch empor. Es war ein wildes Gewirr von Noth und Elend, von
Schrecken, Gefahr und Schmerz. Ebenso furchtbar wütheten die preu-
ßischen Kugeln in den Reihen der Feinde. Doch sie wanken nicht.
Die Schlacht steht. Und der Tag sinkt, das Abendroth verglimmt,
düstere Schatten lagern sich über das Feld. In sorgenvoller Unruhe
jagt der König von einer Stelle zur andern. Noch immer donnern
die feindlichen Batterien, und die heldenmüthige todtverachtende Tapfer-
keit der Preußen kann keinen Fuß breit Landes gewinnen. Da erbebt
plötzlich die Erde von dem Hufschlage der Rosse, helle Trompetentöne
erklingen durch das Abenddunkel, und in wenigen Minuten saust ein
österreichischer Reitersturm gegen die linke Flanke der ermüdeten Preußen.