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Wasser. Die hereingebrochene Nacht hemmte die Verfolgung und hin-
derte die völlige Vernichtung des Feindes. Friedrich aber gedachte
noch nicht zu ruhen, sondern mit rascher Entschlossenheit die Erfolge
des glorreichen Tages festzuhalten. Er wollte sich noch der Brücke
sichern, die über das Schweidnitzer Wasser führt. Er nahm deshalb
Zieten und einen Trupp Husaren, sowie einige Kanonen und suchte die
Straße nach Lissa auf. In einem Wirthshause am Wege bemerlte
man Licht, pocht an und fordert eine Laterne. Der Wirth selbst bringt
sie heraus, faßt den Steigbügel des Königs und leuchtet dem Zuge.
So erreicht man den Weidendamm vor Lissa. Unterweges erzählt der
Wirth von den stolzen Reden der kaiserlichen Offiziere, die bei ihm
einquartiert gewesen waren. Wie Alles der treuherziggemüthlichen Er-
zählung horcht, fallen plötzlich gegen fünfzig Flintenschüsse, die alle
gegen die Laterne gerichtet sind; es werden aber nur einige Pferde ver-
wundet. Es war ein österreichischer Posten, der den Damm bewacht
hatte und nun davon eilte. Man war dicht vor Lissa. Mit dem
kleinen Trupp weiter zu gehen, schien gefährlich. Friedrich ließ des-
halb einige Grenadier-Bataillone herbeirufen. Bis diese Verstärkung
ankam, machte er Halt, und untersuchte den Weg, entdeckte aber weiter
keine Gefahr. Darauf rückte er in aller Stille in Lissa ein. Die
Straßen sind leer, aber in den Häusern herrscht geschäftiges Leben.
Einige feindliche Soldaten kamen mit Strohbündeln und Reifigbür=
den aus den Scheunen. Sie wurden ergriffen und berichteten, sie
hätten Befehl, die Brücke in Brand zu stecken. Unterdessen waren
die Oesterreicher des preußischen Besuches inne geworden, und plötz-
lich erfolgte ein heftiges Gewehrfeuer, wodurch mehrere Grenadiere
an Friedrichs Seite verwundet wurden. Die Preußen aber erwie-
derten ungesäumt den Gruß. Alles schrie und kommandirte durch-
einander. Friedrich aber sagte gelassen zu seiner Umgebung: „Meine
Herren, folgen Sie mir, ich weiß hier Bescheid!“ Sogleich ritt er
links über die Zugbrücke, welche nach dem herrschaftlichen Schlosse
führt; seine Adjutanten folgten. Kaum war er an der Pforte an-
gekommen, als eine Menge österreichischer Offiziere, durch das Schie-
hen aufgeschreckt, mit Lichtern in den Händen, aus den Zimmern
und von den Treppen herabgestürzt kam, um ihre Pferde aufzufu-
chen. Sie hatten in flüchtiger Eile Lissa erreicht, wo sie ein sicheres
Nachtquartier zu finden hofften. Schnell waren die Hühnerställe ge-
plündert worden, und schon verbreiteten die gebackenen Hähndel-
willkommenen Wohlgeruch in dem Saale, als die Schüsse fielen.
Erstarrt blieben sie stehen, als Friedrich vom Pferde stieg und sie