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dem preußischen Fußvolke ein entsetzliches Blutbad an und treiben sie
in den Wald zurück. Da endlich kommt die Reiterei zu Hülfe; doch
auch sie wird zurückgeschlagen. Ein neuer Angriff aber ist glücklicher.
Eine bewunderungswürdige Tapferkeit beweist der Oberst Dallwig als
Anführer des Kürassierregiments Spaen. Dies allein wirft sich der
ganzen feindlichen Reiterei entgegen, treibt sie zurück, dringt darauf in
das österreichische Fußvolk, sprengt es auseinander und macht einige
Tausend Gefangene. Darunter befand sich auch das Regiment des
Kaisers. Die ganze feindliche Linie ist in Gefahr. Da aber stürzt
von allen Seiten die feindliche Kavallerie herbei und die Preußen
müssen wieder weichen. Mitten im Getümmel und Kugelregen hält
der König. Von der aufgewühlten Erde ist sein Pferd in steter Be-
wegung. Eine Kanonenkugel schlägt dicht bei ihm durch die Trommel
eines Tambours; das Pferd eines Trompeters wird scheu und geht
mit ihm durch. Der kurze Novembertag ist zu Ende, und die Schlacht
scheint für den König verloren zu sein. Daun schickt Boten mit der
Siegesnachricht nach Wien. Doch er hatte zu früh triumphirt; die
Freude sollte sich in Traurigkeit verwandeln. Der alte Zieten war
noch da. Nachdem er die schwierigsten Hindernisse besiegt, hatte er
gegen Abend den Feind erreicht. Sogleich war er mit Trommelschlag
und Kanonendonner die Stiptitzer Höhen hinausgerückt, hatte eine
große feindliche Batterie erobert und die Feinde völlig in die Flucht
geschlagen. Die Abendsonne war den Preußen noch blutig unterge-
gangen, der Abendstern aber hatte ihnen zum Siege geleuchtet.
Nach Beendigung des Kampfes herrschte große Verwirrung auf
dem Schlachtfelde. Freund und Feind irrten in großen und kleinen
Schaaren theils im Walde, theils auf der Wahlstatt im freien Felde
umher. Preußen stießen auf Oesterreicher, Oesterreicher auf Preußen.
Der stärkere nahm den schwächern Theil gefangen. Endlich brannten
zahlreiche Wachtfeuer im Torgauer Walde. Freund und Feind folgt
dem lockenden Scheine, um der empfindlichen Kälte bei dem wärmen-
den Feuer zu entgehen. Niemand denkt daran, den Andern zu ver-
treiben; die gemeinschaftliche Noth macht sie alle einig. Da Keiner
weiß, wer die Schlacht gewonnen hat, so kommen sie mit einander
überein, sich am Morgen dem Sieger zu ergeben. Traurig war der
Zustand der Verwundeten. Zu Tausenden lagen sie hülflos auf der
kalten feuchten Erde und seufzten nach Erquickung, die ihnen Niemand
reichen konnte. Wer sich noch eben fortzuschleppen vermochte, suchte
das nächste Dorf auf, Wenige konnten es aber in der Finsterniß
erreichen. Vielen Unglücklichen war noch eine besondere Marter vor-
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