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Geräth mit den Hostien, während der Sakristan die Lichter anzündet
und sie auf die Leuchter steckt. In dem Augenblicke kommen einige
Bauern dazu und schauen mit Erstaunen hin auf den bereiteten Altar
inmitten der rauchenden Trümmer. „Wunder, Wunder!“ schreien sie
und wecken den Priester aus seinem Sinnen. Der blickt auf, bemerkt
nun erst die unversehrten brennenden Kerzen und stimmt mit Verwun-
derung ein in den Ruf seiner Gemeindeglieder. Bald füllt sich die
Kirche mit staunenden Männern und Weibern. Kaum vermag der
Priester sich Ruhe zu erwirken. „Auf die Kniee!“ ruft er den Ver-
sammelten zu; „schmecket und sehet, wie freundlich der Herr istl
Dieser Altar mit seiner Decke ist unversehrt geblieben! Diese heiligen
Geräthe hat die Gluth des Feuers nicht verzehren können! Noch mehrl
diese drei geweihten Hostien haben den Flammen widerstanden; aber
in der Pein der Gluthen ist ihnen Blut entschwitzt; durch Blut sind
sie zusammengeklebt! Lobet den Herrn, der euch gewürdigt, sein
heiliges Blut zu schauen! Gebenedeiet seist du, Maria, du Holdselige,
die du dich unser erbarmt hast! Heil Allen, die es schauen, Heil mir,
der ich gewürdigt worden bin, an so heiliger Stätte zu dienen!
Wohlan, hier ist der Leib des Herrn; nichts fehlt zum Mepopfer,
beginnen wir!“ Und die Gemeinde erhob sich und die Messe begann.
Darauf wurde beschlossen, die Kerzen zu Ehren des heiligen Blutes
immer brennen zu lassen.
Der Ruf des heiligen Blutes zu Wilsnack verbreitete sich schnell.
Mit Staunen vernahm Jedermann die Kunde. Der Bischof von
Havelberg eilt an der Spitze seiner Geistlichkeit nach Wilsnack, um
das Wunder zu schauen. Die Landstraße wimmelt von Menschen, die
sich seinem Zuge anschließen. Die Kirche zu Wilsnack ist dicht mit
Menschen gefüllt. Der Bischof erblickt mit Bewunderung den bereiteten
Altar. Viele Zeugen bestätigen das Wunder. Der Zudrang wird
immer stärker. Alle wollen da anbeten, wo der Heiland auf so
wunderbare Weise seine Gegenwart offenbart hat. Einige der benach-
barten Bischöfe, später auch der Papst, verhießen Allen, die nach
Wilsnack pilgern würden, reichen Ablaße Der Bischof von Havelberg
schenkte der Kirche eine schöne Monstranz mit krystallenem Behälter für
die wunderbaren Hostien. Die Wallfahrten mehrten sich. Von allen
Gegenden her, selbst aus fernen Ländern, strömten Gläubige zu dem
heiligen Wunderblute und zwar um so mehr, da man viele Beispiele
anführte, daß Kranke, Blinde, Lahme dort geheilt, und daß sogar
Todte wieder zum Leben erweckt worden seien. Die Pilger kamen
nicht mit leeren Händen, die Kirche konnte prächtig wieder aufgebaut