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ten, gab er ihnen die schöne Antwort: „Ihr habt das nicht nöthig;
meinen verunglückten Unterthanen wieder aufzuhelfen, das ist meine
Schuldigkeit, dafür bin ich da;“ und als er die Oderbrüche zur Aule-
gung vieler neuer Dörfer hatte urbar machen lassen, rief er freudig
aus: „ich habe eine neue Provinz gewonnen!“ Während andere
Fürsten und ihre Minister die Schweißtropfen ihrer Unterthanen ver-
praßten, bedurfte er für seine Person äußerst wenig. Nicht selten er-
schien er in geflickten Kleidern. Seine langen kalbledernen Stiefel
wurden selten gewichst oder geschmiert und sahen meist suchsroth aus.
Selten ließ er sich etwas Neues machen. Einen ganz abgetragenen
Rock befahl er zu wenden, weil das Tuch daran von besonderer Güte
sei. In seiner Haushaltung erübrigte er jährlich eine Million Thaler.
Während er an seinem Hofe 60 Kammerherren hielt, hatten Sachsen
und Würtemberg deren 2= bis 300, Bayern 4= bis 500. Alle wüsten
Plätze ließ der König anbauen. Zu beiden Seiten der Landstraßen
mußten Obstbäume gepflanzt werden. Seinen Landräthen empfahl er
den Anbau von Waid, Kümmel, Anis, Krapp, Saflor und Futterkräu-
tern. Besonders ließ er sich den Anbau der Kartoffel angelegen sein.
Hierbei stieß er, namentlich bei den pommerschen Bauern, auf Wider-
stand. Als er ihnen Saatkartoffeln schenkte, setzten sie dieselben nicht.
Das verdroß den König. Er wußte aber Rath. Als es wieder Früh-
jahr wurde, schenkte er ihnen neue. Damit diese aber nicht auch un-
gepflanzt bleiben möchten, befahl er seinen Soldaten, dieselben auch
gleich unter die Erde zu bringen. Die Bauern lachten darüber, ließen
es aber geschehen. Die Ernte haben sie aber selber gehalten und im
nächsten Jahre auch neue gepflanzt. Diese weise Strenge war von
gesegneten Folgen. Als in den Hungerjahren 1771 — 1772, wo in
Böhmen 180,000, in Sachsen 100,000 Menschen Hungers starben, wo#
Baumrinde gebacken und Gras gekocht wurde, war in Preußen die
Noth erträglich, und noch 20,000 einwandernde Böhmen fanden Le-
bensunterhalt.
Nicht weniger Sorge trug der König für Fabriken und Gewerbe.
Er beförderte den Seidenbau und die Schaßzucht, ließ spanische Schafe
in's Land bringen, Porzellan und Zuckerfabriken anlegen, Kanäle bauen 2c.
Zur Erhebung der Steuern verschrieb er sich geschickte Beamte
au# Frankreich. Diese brachten zwar eine bessere Ordnung in die Ver-
waltung, wodurch bedeutend mehr Steuern einkamen; allein der Ueber-
muth und die Strenge, womit diese Franzosen die königlichen Gefälle
cintrieben, erregten viel Unwillen im Lande. Man nahm es dem Kö-
nige übel, daß er fremden Spitzbuben den Beutel seiner Unterthanen