Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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in der Stadt. Die Herzogin von Gotha, eine Freundin Friedrich's, 
schickte einen treuen Bauer mit einem Zettelchen, das derselbe in einem 
hohlen Backenzahne verborgen haben soll, an den König und melrete 
ihm, daß der feindliche Heerführer leicht überfallen werden könnte. So- 
gleich sprengte Seydlitz mit 1500 Reitern nach Gotha. Die Herren 
Franzosen hatten sich so eben an vie reichbesetzte Mittagstafel begeben, 
als die Trompeten schmetterten und vie preußischen Reiter in vollem 
Galopp in die Straßen sprengten. An Widerstand wurde nicht gedacht. 
Erschrocken verließen die Generale die rauchenden Schüsseln und flohen 
in rasender Eile aus der Stadt. Rur wenige Soldaten fingen die 
heranstürmenden Preußen, aber desto mehr Kammerdiener, Köche, Fri- 
seurs, Schauspieler und Marketender, und eine Masse von Pomade- 
büchsen, Kisten mit wohlriechenden Wassern, Schlafröcken, Sonnenschir- 
men, Papageien u. s. w. fielen den Preußen in die Hände. Seydlitz 
schickte den Fliehenden einige Hundert Reiter nach; er selbst aber setzte 
sich mit seinen Offizieren lachend an die volle Tafel. 
  
193. Seydlitz bei Roßbach. 
In der Schlacht bei Roßbach machte Seydlitz sein Meisterstück. 
Unter seinem Kommando standen 38 Schwadronen Reiterei; 15 davon 
bestimmte er für das erste, 18 für das zweite Treffen; drei Schwa- 
dronen Husaren sollten seinen linken Flügel decken. Als Friedrich, der 
aus einer Dachluke des Edelhofes zu Roßbach den Heranmarsch der 
Feinde beobachtet hatte, den Befehl zum Angriffe gab, ritt Seydlitz, 
mit dampfender Tabakspfeife im Munde, seinem Regimente voran. 
Aller Augen waren auf ihn gerichtet. Die Schwerter ruhten noch in 
der Scheide. Plötzlich schleuderte der Führer den ausgerauchten Pfei- 
fenstummel hoch in die Lüfte. Die Schwerter klirrten; die Klingen 
blitzten; die Trompeten riefen zur Attake: „Marsch! Marsch!“ und im 
gestreckten Galopp stürzten sich die Preußen auf die noch ungeordneten 
Schaaren der Franzosen und sprengen sie auseinander, so daß sie nach 
allen vier Winden entweichen. Zwei österreichische Regimenter sam- 
meln die Flüchtigen, zwei französische schließen sich diesen an und ver- 
suchen es Stand zu halten. Umsonst, auch sie werden geworfen. 
Darauf wendet sich Seydlitz gegen das feindliche Fußvolk, das sich 
mit den Truppen des Königs im Gefechte befand, und half, einer 
schweren Wunde nicht achtend, bis auch hier das Gefecht zu einem
	        
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