Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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erreichte in geschlossener Ordnung das jenseitige Ufer und führte die 
Mannschaft wohlbehalten zur Stadt zurück. 
Dle schönsten und tüchtigsten Jünglinge aus den vornehmsten 
Familien des In= uud Auslandes drängten sich zu diesem Regimente. 
Da die beschränkte Anzahl der Offizierstellen für die Menge ver Frei- 
willigen nicht ausreichte, so mußten Viele als Gemeine eintreten. 
Seydlitz hielt bei seinen Mannschaften streng auf die vorschrift- 
mäßige Bekleidung. Zu dieser waren oft die wunderbarsten und zum 
Theil qualvollsten Vorbereitungen erforderlich. Die ledernen Beinkleider 
der Offlziere durften keine Falten werfen. Um dieses zu erzielen, 
mußte die Hose naß angezogen werden. Das war aber eine mühselige 
Arbeit. Die Beinkleider wurden ziemlich durchnäßt, mit Stricken an 
einem Balken der Decke befestigt. Der Offizier stieg nun auf einer 
Leiter zu dieser ledernen Behausung hinauf; ein Reitknecht half ihm 
hinein. Da hing nun der Herr Stunden lang zwischen Himmel und 
Erde, bis er tief genug hinab gesunken war. Nicht minder umständlich 
und schwierig war die Anfertigung des Puderzopfes und der Seiten- 
locken vor einer großen Parade. Da es im Regimente nur wenig 
Häude gab, die Zopf und Locken kunstgemäß zu drehen verstanden, so 
begann das Aufschwänzen, Einpudern und Pomadiren schon Tags vorher. 
Die gesalbten Häupter mußten aber, damit das künstliche Gebäude 
nicht in Unordnung gerathe, die Nacht schlaflos zubringen. 
Als ein Offizier auf einem Balle anstatt des steifen Halsbandes 
von Roßhaar eine Sammtbinde trug, rief ihm Seydlitz zu: „Ich bin 
nicht gewohnt, Handwerksburschen in meiner Gesellschaft zu sehen!“ 
Seydlitz kühne Reiterkünste liefen nicht immer glücklich für ihn 
ab. Während einer Truppenschau bei Lissa im Jahre 1755 stürzte er 
so gewaltig mit dem Pferde, daß er für todt aufgehoben wurde. 
Glücklicherweise genas er bald wieder, und der Unglücksfall war ver- 
gessen. Er wiederholte sogar die Wagstücke seiner Jugend und ritt 
als General durch die umlaufenden Windmühlenflügel. Einst traf er 
in der Gegend von Ohlau, wo er sich mit einigen Offizieren auf der 
Jagd befand, eine Halbkutsche, die sehr langsam im Sande dahin 
fuhr. Ein Landgeistlicher mit seiner Frau saßen darin. Seydlitz be- 
trachtete das Fuhrwerk, dessen Vordertheil sehr gestreckt war und 
also zwischen Kasten und Kutscherbock einen ziemlichen Raum gab, und 
sprengt, zum großen Schrecken des Herrn Pastors und dessen Gattin, 
über den Wagen hinaus, alle seine Begleiter hinter ihm drein. Daß 
Alles glücklich ablief, braucht wohl nicht erinnert zu werden. 
Sowie Seydlitz sich selbst nicht schonte, so durfte sich auch kein
	        
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