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und drang in Alles ein; er mochte angreifen oder sich vertheidigen,
so verfuhr er immer nach gleich meisterhaften Dispositionen. Zu jedem
Wagestück, das sich mit seiner Pflicht vertrug, war er aufgelegt, denn
er war gegen Alles, was die Natur Furchtbares aufbieten konnte, im
höchsten Grade furchtlos. Er besaß ein unerschütterliches Gottvertrauen
und war ein gläubiger frommer Christ. Alle Prüfungen trug er mit
christlicher Demuth. Kein Tag verging, an dem er nicht in seinem
Kämmerlein seine Kniee vor dem Allmächtigen gebeugt hätte. Mehr
wie einmal hat man ihn ausrufen hören: „Gott hat mir Alles gewährt,
warum ich ihn gebeten!“ Auf irdische Güter legte er geringen Werth
und gab oft mehr aus, als er hatte. Nicht blos in Preußen, auch
im Auslande fand Zieten viele Bewunderer und Verehrer. In Eng-
land, Kurland, Frankfurt am Main sind Medaillen auf seinen Tod
geprägt worden. Sein Bildniß prangte auf Pfeifenköpfen und Dosen.
Ein Kaufmam gab einem Tabake den Namen „Zietenkanaster“ und
wurde dadurch zum reichen Manne. Auf dem Friedrichs-Denkmale
hat Zieten einen würdigen Platz gefunden.
211. Friedrich und Voltaire.
Friedrich sprach, las und schrieb am liebsten nur französisch; der
deutschen Sprache war er nicht vollständig mächtig, er konnte sie we-
nigstens nicht fehlerfrei schreiben. In einer Unterredung mit dem
Leipziger Gelehrten Gottsched äußerte er selbst: „Ich bin ein zu alter
Kerl, um noch deutsch zu lernen und beklage, daß ich in meiner Ju-
gend weder Anleitung, noch Ermunterung dazu gehabt habe!“ So
zog er auch die französischen Gelehrten den deutschen vor; er war
der Meinung, daß es den Deutschen überhaupt an Witz, Geschmack
und Geistesgewandtheit fehle und daß unsere Sprache zu ungebildet
sei, um vorzügliche Werke des Geistes in ihr darzustellen. Leider war
er hier im Irrthum, und es bleibt zu beklagen, daß er das frische
Aufleben der deutschen Literatur, welches noch vor seinem Lebensende
durch Klopstock, Lessing, Wieland, Herder und andere große Dichter
zu einer schönen Entwickelung gelangte, nicht gehörig erkannte und
würdigte. Nichtsdestoweniger hat er darauf, ohne es selbst zu ahnen,
durch seinen großen Heldenruhm, der die ganze deutsche Nation be-
geisterte, einen großen Einfluß geübt.
Friedrich zog mehrere französische Gelehrte in's Land; der merk
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