Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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wände von dem schlauen Napoleon hinhalten, bis dieser durch die 
Schlacht bei Austerlitz (1805) die Oesterreicher und Russen bestegt hatte 
und nun gegen Preußen den übermüthigsten Ton anstimmen konnte. 
Da wagte Haugwitz nicht mehr von der Kriegserklärung zu sprechen, 
sondern that das Entgegengesetzte: er schloß ein Bündniß mit Napo- 
leon. Die Bedingungen waren, Preußen sollte Ansbach, Wesel, Kleve 
und Neuschatel an Frankreich abtreten und dafür Hannover empfan- 
gen. Friedrich Wilhelm war mit diesem Vertrage höchst unzufrieden 
und wollte ihn nur unter gewissen Veränderungen annehmen; allein 
Napoleon zwang ihn, denselben zu vollziehen. Als er aber Hannover 
besetzen wollte, thaten die Engländer Einspruch, nahmen vierhundert 
preußische Handelsschiffe und sperrten sämmtliche Häfen der Ostsee. 
Das hatte Napoleon vorausgesehen und gewollt. Preußen war ihm 
verhaßt; er suchte seinen Untergang. Im Jahre 1806 vereinigte der 
französische Kaiser 16 Fürsten des südwestlichen Deutschlands zu einem 
Rheinbunde und erklärte, daß er das deutsche Reich nicht mehr aner- 
kenne, worauf der bisherige deutsche Kaiser Franz II. die deutsche 
Kaiserkrone niederlegte und sich von jetzt an Franz I. Kaiser von 
Oesterreich nannte. Friedrich Wilhelm III. faßte den Gedanken, dem 
Rheinbunde gegenüber einen norddeutschen Bund zu gründen, allein. 
Napoleon ließ ihn merken, daß er dessen Ausführung nicht zugeben werde. 
Gleichzeitig machte er England und Rußland Anerbietungen auf 
Kosten Preußens. Da sah Friedrich Wilhelm, der Alles um des Frie- 
denswillen erduldet hatte, daß ihm nur der Krieg bleibe. Bei dem 
Gedanken daran erfüllten jedoch trübe Ahnungen seine Seele. Er 
hatte zu der Tüchtigkeit des Heeres kein hinreichendes Vertrauen. 
Es war nicht mehr die Armee, mit welcher der große Friedrich gegen 
halb Europa gekämpft und gesiegt hatte. Die Heerführer waren größ- 
tentheils hoch bejahrt und in der neuen Kriegsweise wenig geübt, die 
jungen Offiziere aber ohne Erfahrung und voll Uebermuth. Manche 
veraltete Einrichtungen ließen ihn beim Zusammenstoße mit dem fran- 
zösischen Heere, in dem ein anderer Geist wehte, das Schlimmste be- 
fürchten. Zuletzt vermochte er jedoch der kriegerischen Begeisterung, 
die sich überall im Lande geltend machte, nicht mehr zu widerstehen. 
Er beschloß den verhängnißvollen Kampf. Rußland versprach Hülfe, 
Oesterreich aber lehnte die Theilnahme am Kriege ab. Als die Kunds 
durch das Preußenland scholl, der König wolle die Schmach den Fran- 
zosen rächen! athmete Alles, wie nach einer drückenden Gewitterschwüle, 
freier auf. Jubel erfaßte das Heer. 
  
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