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ich der Hoffnung, daß auf die jetzige böse Zeit eine bessere folgen wird.
Diese hoffen, wünschen und erwarten alle besseren Menschen, und durch
die Lobredner der jetzigen darf man sich nicht irre machen lassen.
Ganz unverkennbar ist Alles, was geschehen ist und was geschieht, nicht
das Letzte und Gute, wie es werden und bleiben soll, sondern nur die
Bahnung des Weges zu einem besseren Ziele hin. Dieses Ziel scheint
aber in weiter Entfernung zu liegen; wir werden es wahrscheinlich
nicht erreicht sehen und darüber hinsterben. Wie Gott will! Alles,
wie er will! Aber ich finde Trost, Kraft, Muth und Heiterheit in
dieser Hoffnung, die tief in meiner Seele liegt. Ist doch Alles in der
Welt nur Uebergang! Wir müssen durch, sorgen wir nur, daß wir
mit jedem Tage reifer und besser werden.“
240. Der Königin Krankheit und Tod.
Sie war zu hehr, zu heilig für dies Leben,
Und schwand, ein Engel, aus dem Erdenraum,
Doch blieb zurück von ihrem heil'gen Streben
Manch' zarte Knospe, mancher schöne Traum.
Straß.
An Allem, was zur Vorbereitung von Preußens Wiedererhebung
im Volke geschah, nahm die Königin den lebhaftesten Antheil. Mit
ihrem einfachen klaren Verstande schaute sie auf den Grund der Dinge.
„Wir sind abgefallen, darum sind wir gesunken,“ sprach sie, und mit
Freuden begrüßte und pflegte sie alle Keime eines wiedererwachenden
Glaubens und christlichen Lebens. Sie ahnte eine neue bessere Zeit,
sollte sie aber nicht erleben; den Morgen der Freiheit sollte sie nicht
leuchten sehen, den Befreiern des Vaterlandes keine Siegeskränze rei-
chen. Ein dunkles Vorgefühl ihres baldigen Dahinscheidens erfaßte
ihre Seele. Ihre schönen Züge trugen das Gepräge tiefen Leidens.
In solcher Stimmung machte sie den lang ersehnten Besuch bei ihrem
zärtlichen Vater in Hohenzieritz. Als dort einige Damen mit Wohlge-
fallen auf die Perlen, ihren einzigen Schmuck, sahen, da sagte sie: „Ich
liebe sie auch sehr und habe sie zurückbehalten, als ich meine Brillan=
ten hingab. Sie passen besser für mich; denn sie bedeuten Thränen,
und Thränen habe ich so viele vergossen.“ Bald stellte sich Husten
und Fieber ein. Schlaflose Nächte ertrug sie mit christlicher Geduld.