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Der heftigste Brustkrampf brachte sie dem Tode nahe. Früh gegen
4 Uhr am 19. Juli kam der König mit seinen beiden ältesten Soͤhnen
an. Es war die letzte Freude für die Sterbende. Der König war
gebrochen vom Schmerze. Man wollte ihn trösten, es sei ja noch
Hoffnung da. „Ach,“ sagte er, „wenn sie nicht mein wäre, würde sie
leben, aber da sie meine Frau ist, stirbt sie gewih.“ Es nahte die To-
desstunde. Der König saß am Sterbebette, er hatte ihre rechte Hand
ergriffen. Es war 10 Minuten vor 9 Uhr, als die Königin sanft das
Haupt zurückbog, die Augen schloß und ausrief: Herr Jesus, mach’' es
kurz!“"“ Mit diesem stillen Seufzer endete ihr Leben. Der König war
zurückgesunken, die Prinzen knieten vor dem Bette der geliebten Todten.
Doch bald erhob er sich und hatte noch die Kraft, seiner Luise die
Augen zuzudrücken, — „seines Lebens Sterne, die ihm auf seiner dunk-
len Bahn so treu geleuchtet.“ Der tiefste Schmerz eines ganzen Vol-
kes begleitete ihren Leichenzug nach Charlottenburg. Hier, in stiller Ein-
samkeit, steht ein einfacher schöner Tempel aus Marmor, von Bäumen
tief beschattet. Dort ruht die Selige. Alljährlich betete der gebeugte
König an ihrem Sterbetage vor ihrem Sarge, und immer noch ist der
19. Juli für unsere königliche Familie ein Bet= und Gedenktag an die
geliebte Dahingeschiedene.
241. Luise.
Zu ihrem Vater ist sie heimgegangen
Nach langer Jahre Trennungzzeit,
Von keiner Reise so erfreut,
Bei keiner je mit solcher Lust empfangen,
Des Vaters Freude war das höchste Fest.
Zu ihrer Ehrenpforte buntem Kreise
Die fernste Blume sich verband
Der Blume aus dem eignen Land;
So sinden sich vereint durch ihre Reise
Des Hauses viele, die sonst weit zerstreut.
Sie überläßt sich froh den heitern Scherzen
Im fremden lust'igen Lebensmeer,
Doch bald wird ihr der Athem schwer,
Es dringt die fremde Luft zu ihrem Herzen,
Da wird ihr Blick von schwerer Krankheit ernst.