Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

344 
Der heftigste Brustkrampf brachte sie dem Tode nahe. Früh gegen 
4 Uhr am 19. Juli kam der König mit seinen beiden ältesten Soͤhnen 
an. Es war die letzte Freude für die Sterbende. Der König war 
gebrochen vom Schmerze. Man wollte ihn trösten, es sei ja noch 
Hoffnung da. „Ach,“ sagte er, „wenn sie nicht mein wäre, würde sie 
leben, aber da sie meine Frau ist, stirbt sie gewih.“ Es nahte die To- 
desstunde. Der König saß am Sterbebette, er hatte ihre rechte Hand 
ergriffen. Es war 10 Minuten vor 9 Uhr, als die Königin sanft das 
Haupt zurückbog, die Augen schloß und ausrief: Herr Jesus, mach’' es 
kurz!“"“ Mit diesem stillen Seufzer endete ihr Leben. Der König war 
zurückgesunken, die Prinzen knieten vor dem Bette der geliebten Todten. 
Doch bald erhob er sich und hatte noch die Kraft, seiner Luise die 
Augen zuzudrücken, — „seines Lebens Sterne, die ihm auf seiner dunk- 
len Bahn so treu geleuchtet.“ Der tiefste Schmerz eines ganzen Vol- 
kes begleitete ihren Leichenzug nach Charlottenburg. Hier, in stiller Ein- 
samkeit, steht ein einfacher schöner Tempel aus Marmor, von Bäumen 
tief beschattet. Dort ruht die Selige. Alljährlich betete der gebeugte 
König an ihrem Sterbetage vor ihrem Sarge, und immer noch ist der 
19. Juli für unsere königliche Familie ein Bet= und Gedenktag an die 
geliebte Dahingeschiedene. 
241. Luise. 
Zu ihrem Vater ist sie heimgegangen 
Nach langer Jahre Trennungzzeit, 
Von keiner Reise so erfreut, 
Bei keiner je mit solcher Lust empfangen, 
Des Vaters Freude war das höchste Fest. 
Zu ihrer Ehrenpforte buntem Kreise 
Die fernste Blume sich verband 
Der Blume aus dem eignen Land; 
So sinden sich vereint durch ihre Reise 
Des Hauses viele, die sonst weit zerstreut. 
Sie überläßt sich froh den heitern Scherzen 
Im fremden lust'igen Lebensmeer, 
Doch bald wird ihr der Athem schwer, 
Es dringt die fremde Luft zu ihrem Herzen, 
Da wird ihr Blick von schwerer Krankheit ernst.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.