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Königs hilden. Der König, welcher die Zweckmäßigkeit der Rathschläge
Stein's wohl einsah, und auch später befolgte, konnte sich zu der Aus-
führung derselben jedoch sogleich noch nicht entschließen. Da aber
Stein fortfuhr, sich über die bisherige Staatseinrichtung tadelnd zu
äußern, und auf die vorgeschlagenen Abänderungen zu dringen, so wurde
die Spannung zwischen ihm und dem Könige größer, und das Ende
war, daß der König an Stein schrieb:
„Mit großem Leidwesen ersehe ich, daß Sie ein widerspenstiger,
tuotziger, hartnäckiger und ungehorsamer Staatsdiener find. Wenn
Sie Ihr respektwidriges Benehmen nicht ändern wollen, kann der
Staat keine große Rechnung auf Ihre ferneren Dienste machen.“
Der Brief stieg dem Minister von Stein hoch zu Kopfe. Er war
bei all seinem Thun sich der besten Absichten bewußt. Diese Erklärung
kam ihm ganz unerwartet. Und mit kurzen Worten schrieb er dem
König zurück:
„Da Ew. Majestät mich für einen widerspenstigen, trotzigen,
hartnäckigen und ungehorsamen Staatsdiener ansehen, und da ich
gleichfalls der Meinung bin, daß der Staat auf die Dienste solcher
Beamten keine große Rechnung machen kann, so bitte ich um Entlas-
sung aus Ew. Majestät Dienst.
Die Entlassung erfolgte, und Stein ging auf seine Güter nach
Nassau, Aber ob auch der König seinen Rath verworfen und Worte
an ihn geschrieben, wie sie nie ein König an seinen Minister gerichtet,
so vergaß er doch bald allen Groll, denn seine Seele war groß und
edel; über Beleidigungen zu rechten, war nicht die Sache des Freiherrn
von Stein, Dem Staate, dem er 27 Jahre lang, zuerst seine Jugend-
liebe, dann seine Manneskraft gewidmet hatte, schlug noch immer sein
Herz. Als ob er noch dessen Minister sei, überlegte er mit Ernst und
Fleiß Tag und Nacht, was zum Wohle des Landes erforderlich wäre.
Unterdessen kamen die Unglückstage von Jena und Auerstädt, der preu-
ßische Staat brach zusammen und mußte neu aufgebaut werden. Wer
sollte aber der Baumeister sein? Der König wußte es. Er schrieb an
den Freiherrn von Stein und forderte ihn auf, in seine Dienste zurück-
zukehren. Stein lag gerade am Fieber krank, aber der Königsbrief
machte ihn gesund. Dem König antwortete er, er werde seiner Auf-
forderung Folge leisten. Darüber wurde der König erfreut, und die
Königin Luise schrieb in einem Briefe: „Stein kommt! mit ihm kehrt
meine Hoffnung wieder'““ Im September 1807 traf Stein beim Kö-
nige ein. Nun begann er sein Werk. Was er wollte, läßt sich am
besten mit seinen Worten sagen: „Was dem Staate an äußerer Größe