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abgeht, muß er an innerer Kraft gewinnen. Das Alte ist vergangen,
es muß Alles neu werden, wenn das zertrümmerte Preußen wieder Be-
deutsamkeit im europäischen Staatenbunde erhalten soll. Die verschie-
denen Stände sind wegen der Gunst, die der eine genoß, mit dem min-
der begünstigen im Streite. Alle Einwohner im Staate müssen gleiche
Rechte und gleiche Pflichten haben. Jeder muß persönlich frei sein
und nur einen Herrn haben, den König mit seiner Gesetztafel in der Hand.
In diesem Sinne erlietz nun Stein seine Gesetze; sie bezogen sich
auf das ganze Leben im Staate, auf Land und Stadt, auf Herr und
Knecht, auf Adel und Bürgerstand, auf Eigenthum und Gewerbe. Es
gab in Preußen noch Ueberreste der Leibeigenschaft der Bauern, einer
Einrichtung aus vergangenen Jahrhunderten, nach welcher diese Leute
mit Leib und Leben, mit Weib und Kind, mit Hab und Gut den
größeren Gutsbesitzern zu eigen gehörten. Diese Einrichtung wurde
durch das Gesetz: „Hinfort soll es nur freie Leute im Staate geben,“
vollständig aufgehoben. Dadurch wurde der Bauer seiner menschlichen
Würde sich bewußt, er erhielt Freiheit und Eigenthum und mit diesen
köstlichen Gütern einen eigenen Heerd und ein Vaterland, dem er seine
Liebe weihte. Auch der Dienstzwang wurde abgeschafft, vermöge welchen
Beamte und Gutsherren bestimmten, wo und zu welchem Lohne Knechte
und Mägde dienen sollten. Früher durften nur Adelige Rittergüter
besitzen, fortan aber sollten auch Bürger und Bauern solche Güter er-
werben können. Die Steuerfreiheit des Adels wurde abgeschafft. Für
den Bürgerstand erschien eine neue Städteordnung. Bis dahin hatten
die Bürger gar keinen Antheil an der Verwaltung ihrer eigenen An-
gelegenheiten gehabt. Königliche Beamten hatten Alles besorgt. Jetzt
erhielten sie das alte Recht wieder, ihren Vorstand selbst zu wählen,
ihr Vermögen selbst zu verwalten. So wurde der Gemeinsinn geweckt,
der nicht fehlen darf, wo Großes geleistet werden soll. Auch der bis-
herige Zunfstzwang, wonach es nicht Jedem erlaubt war, ein Hand-
werk auszuüben, wurde aufgehoben und statt dessen eine unbeschränkte
Gewerbefreiheit eingeführt. Bald zeigte sich neuerwachendes, in größerer
Freiheit sich entfaltendes Leben, und der Bürger und der Bauer, der
sich zu Hause wohlfühlte, nahm auch innigen Antheil an dem Schick-
sale des Vaterlandes.
Leider war die Wirksamkeit Stein's nur von kurzer Dauer. Ein
Brief, in dem er sich gegen einen Freund über seine Pläne für die Zu-
kunft aussprach, fiel in Napoleons Hände. Dieser gerieth darüber in
den heftigsten Zorn. „Wie, der Minister von Stein will Revolutionen
machen!“ rief er, „will meine Gewalt über den Erdkreis stürzen! das
Borussia. W