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Fürchterliches Kugelwetter empfängt sie. Der Major von Mirbach sinkt
dreifach durchschossen, der Fahnenträger stirbt den Heldentod, die Fah-
nenstange wird zersplittert. Da nimmt der Hauptmann von Hülsen
den Stumpf derselben, dringt durch den Kugelregen bis dicht vor das
feindliche Viereck, und seine Tapfern schlagen die Feinde nieder. Die
Begeisterung der Truppen ist so groß, daß einige die Schuhe auszie-
hen, um schneller vorwärts zu kommen. Das Laden und Schießen ist
ihnen zu umständlich; sie schlagen mit den Kolben drein und stechen
die Feinde mit den Bajonetten nieder.
Beim Dorfe Gölsdorf kämpften 17 preußische Bataillone gegen
47 französische. In Gassen und Häusern, sogar in der Kirche wurde
hartnäckig gestritten. Da krachte es von brechenden Balken, von Ge-
wehrsalven, von platzenden Bomben, da tönt es ringsum in den Gär-
ten und auf den Straßen von Trommelwirbel, Hörnerklang, Komman-
doruf und Hurrah, da wirbelte Staub, Pulverdampf und Rauch um
die kämpfenden Haufen, da lagen rings Todte und Verwundete, über
welche die Lebenden hinwegsteigen mußten. Das Dorf wurde genom-
men und wieder verloren, und mitten im heftigsten Kampfe fanden sich
Preußen und Franzosen friedlich am Dorfbrunnen, umsaust von Kugeln,
um den Durst zu löschen und dann von Neuem gegen einander zu strei-
ten. Die Preußen mußten der Uebermacht weichen, behaupteten sich
indessen in einem Graben vor dem Dorfe. Endlich, Nachmittags ge-
gen vier Uhr erscheint zur rechten Stunde der General Borstell mit
seiner Brigade und giebt den Ausschlag. Nochmals entbrannten
die heftigsten Kämpfe. Die feindlichen Anführer boten Alles auf. Ney
wagte sich so weit in's Feuer, daß die Hälfte seines Gefolges getödtet
wurde. Oudinot, mit dem Degen in der Faust, stellte sich an die
Spitze seines Heerhaufens, Reynier setzte sich den preußischen Kugeln so
aus, wie einer, der den Tod sucht. Die Wuth der Franzosen war
so groß, daß sie sich an den Leichnamen der Gefallenen vergriffen: ein
Todter mit dem eisernen Kreuze auf der Brust, wurde von 10 Bajo-
netten zugleich grimmig durchbohrt. Es half aber Alles nichts. Die
Feinde müssen ihre Rettung in wilder Flucht suchen. Abends gegen
6 Uhr erschien auch der Kronprinz von Schweden auf dem Schlacht-
felde und half noch ein wenig bei der Verfolgung.
Bei Dennewitz siegten 30,000 Preußen über 40,000 Franzosen
und Rheinbündler. 15,000 Gefangene, vier Fahnen achtzig Kanonen,
400 Pulverwagen und Tausende von weggeworfenen Gewehren, Tor-
nistern und dergleichen Gepäck flelen in die Hände der Sieger.
Und Friedrich Wilhelms Degen gräbt in Bülow's grauen Schild
Die That von Dennewitz, sie lebt, ein unvergänglich Bild.