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Wilde Winterstürme braufen Aber sieh! ein erster Zecher,
Um die hohe Pfalz im Rhein, Gleich den Helden alter Zeit,
Und die dunkeln Schiffe sausen Schleudert seinen vollen Becher
In den Wogenkampf hinein. In den Schwall der Wogen weit.
Horch! da schlägt die zwölfte Stunde, Denn er hört's mit bumpfem Grimme
Und das Jahr beschließt die Bahn; Daß ein langes Jahr vorbei;
Jubel tönt von jedem Munde, „Vorwärts!“ ruft die Schlachtenstimme,
Und die Gläser klingen an. „Noch ist unser Rhein nicht frei.“
Adelheid v. Stolterfoth.
276. Acue Kämpfe. 1815.
Der alte Blücher hatte nach der Einnahme von Paris mit pro-
phetischem Geiste ausgerufen: „Die Bonapartische Geschichte ist noch
nicht aus!“ Seine Ahnung sollte in Erfüllung gehen. Während die
verbündeten Herrscher in Wien Mancherlei beriethen, unter anderm auch,
wie die wieder eroberten Länder zu vertheilen seien, verlich Napoleon
mit 1100 Soldaten seiner alten Garde heimlich die Jusel Elba und lan-
dete, trotz der englischen Wachtschiffe im mittelländischen Meere, am
1. März 1815 an der Küste von Frankreich, um den verlorenen Kai-
serthron wieder zu gewinnen. Uebrrall wurde er mit Jubel empfangen.
Er zog rasch auf Paris zu. Die festen Städte öffneten ihm die Thore,
seine alten Feldherren und Soldaten sammelten sich unter seinen Fah-
nen. Der König von Frankreich schickte ihm ein großes Heer entgegen,
die ganze Armee aber, mit dem Marschall Ney an der Spitze, ging zu
ihrem alten Kaiser über, und wie im Triumphe zog Napoleon schon am
20. März 1815 in Paris ein. Durch gleißnerische Verheißungen von
Freiheit und Ruhm brachte er das französische Volk bald ganz wieder
auf seine Seite. Ludwig XVIII. hatte die Flucht ergriffen. Napoleon
sprach zu den Verbündeten Worte des Friedens. Diese erklärten aber
einmüthig, sie würden ihn als den Ruhestörer von Europa bis auf den
letzten Mann bekämpfen. Unverzüglich wurde aufs Neue zum allge-
meinen Kampfe gerüstet. Die alte Begeisterung flammte wieder in den
Gemüthern auf, und die jungen preußischen Freiwilligen legten mit der-
selben Freudigkeit, wie vor zwei Jahren, den Waffenschmuck wieder an.
Als Oberbefehlshaber der Preußen rückte der 73 jährige Blücher mit