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Die Bürger stehen droben und rufen mauerab:
„Bereitet uns dort unten ein wohlgebettet Grab!
Daß wir, zu Grund gefallen, am Boden liegen weich
Und sanft gelagert kommen in's liebe Himmelreich!“ —
Nun geht es an ein Stürmen, daß rings der Boden dröhnt,
Daß unter Rosseshufen die Erde bangt und stöhnt,
Und zu dem Schweiß des Tages rinnt rother Todesschweiß,
Und an der Mauer liegen die Todten stufenweis!
Schon klimmt an Leichenhaufen der kühne Feind empor,
Aus weiter Ferne windet sich neu Geschwärm hervor.
Hei! wie durch Staubeswirbel die Heereswirbel ziehn;
Da überfällt die Städter ein Schrecken — sie entfliehn.
Was Männer nicht erfochten, han Weiber wohl vermocht,
Die han in Topf und Kessel siedheißen Brei gekocht,
Und gießen von der Mauer so manchen schönen Guß,
Darin Herr Hans von Sagan beinah' ertrinken muß.
Die Feinde, die gekommen ganz trocken, wohl und kalt,
Die flieh'n verbrannt, durchfeuchtet und ohne Aufenthalt;
Und noch ein Sprüchlein gehet durch's ganze Märkerland:
„Herr Hans hat sich vor Drossen am Brei das Maul verbrannt.“
H. Marggraff.
30. Johann Cieero.
1486—1496.
Johann, der bisherige Statthalter der Mark, war der erste Kur-
fürst aus dem Hause der Hohenzollern, der seinen Wohnsitz bleibend
in Brandenburg nahm. Seine Vorgänger hatten gewöhnlich in Franken
gelebt und waren meistens nur auf dringende Veranlassungen nach den
Marken gekommen. So war ex auch der erste, dessen Leiche auf
brandenburgischem Boden seine Ruhestätte fand. Seiner Gelehrsam-
keit, namentlich seiner Fertigkeit wegen in lateinischer Rede, erhielt er
nach einem berühmten römischen Redner den Beinamen Cicero. Er