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35. Die Kurfürstin Elisabeth.
1529.
Die Gemahlin des Kurfürsten war die Tochter eines Königs von
Dänemark und eine Nichte Friedrichs des Weisen von Sachsen. Erst
siebenzehn Jahre alt, wurde sie zu Stendal mit Joachim vermählt.
Sie blähte in groher Schönheit und Anmuth, besaß eine treffliche
Geistesbildung und galt für eine der holdseligsten Fürstinnen ihrer
Zeit. ssaaggs war ihre Ehe sehr glücklich, aber es kamen bald
traurige Täge. Das Herz ihres Gemahls entfremdete sich von ihr.
3 ihrer B trübniß fand sie Trest und Frieden im Evangelium. Heimt-
lich las sie Luther's Schriften. Nach einiger Zeit konnte sie gar dem
Wunsche nicht“ widerstehen, das Abendmahl in beiderlei Gestalt zu ge-
nießen. Als nun Joachim einst von Berlin abwesend war, ließ sie
sich von einem kutherischen Geistlichen zu ihrer großen Erbauung und
Herzensstärkung das heilige Mahl reichen. Aber ihr eigenes Kind
verrieth es dem Vater auf sein heftiges Drängen. Der Kurfürst gerieth
dadurch in den heftigsten Zorn. Sein stolzer Sinn ertrug es nicht, daß
seine eigene Gemahlin der Neuerung anhing und ein schlechtes Bei-
spiel gab zur Verbreitung der verhaßten Lehre. Er stürmte, seiner
selber kaum mächtig, in das Zimmer der Kurfürstin, sagte ihr die
härtesten Worte und drohte ihr mit Kerker und Banden und Einmauerung.
Sein Gemüth war so he ig bewegt, daß er ohnmächtig niedersank
und für todt zu Bette getragen werden mußte. Die Kurfuͤrstin hrach
in ein heftiges Weinen aus. Sie kannte das aufbrausende Wesen
ihres Gemahls und wußte, daß er fähig war, sein Drohwort wahr zu
machen. Im Geiste fah sie sich schon dem qualvollsten Tode preisge-
geben. Da entschloß sie sich, aus ihrem Lande zu fliehen. Es war
wol ein herzlich schwerer Schritt. Welche Fürstin verläßt gern ihr Land,
und welche Mutter trennt sich gern von ihren Kindern? Elisabeth hat
es gethan. Man schtieb den 25. März 1528. Die Fürstin setzte sich
auf einen Rollwagen, wie ihn die Vandleute haben, und hüllte ihren
Leib in schlechte Bauerntracht. So ging es in der Nacht in aller Stille,
da Alles noch schlief, aus den Thoren Berlins. Bei ihr waren. nur
ein Kammerfräulein und zwei Ritter des Hofes. Draußen aber strich
ein kalter Wind über die Felder und durch die Haiden, und in den
Wegen lag noch der Schnee. Der Kurfürstin schlug das Herz, es
möchten Verfolger ihrer Spur nachjagen und sie mit Schimpf als eine