Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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Der heilige Adalbert fing nun an, mit lauter Stimme einen Psalm zu 
singen, hoffend, er werde durch die Klänge des frommen Liedes die 
Gemüther der Aufgebrachten zu besänftigen vermögen. Umsonst. Schreiend 
dringen sie auf ihn ein. Ein Schlag mit dem Ruder streckt ihn zu 
Boden. Gott lobend, daß er würdig gewesen war, um seines Namens 
willen Schmach zu leiden, erhebt er sich wieder, begiebt sich in's 
Fahrzeug und schifft nach Samland hinüber. 
Es war am Sonntag, als er die Küste des Landes betrat. 
Gegen Abend kam er in ein Dorf, wo er von dem Hern desselben 
freundlich aufgenommen wurde. Ehe es indeß völlig dunkel geworden 
war, eilten die Leute herbei, umgaben das Haus und verlangten zu 
wisten, warum die Fremdlinge gekommen seien. Adalbert geht hinaus, 
um es ihnen zu sagen. Kaum aber haben sie den Sinn seiner Rede 
vernommen, so erheben sie ein wüthendes Geschrei, schwingen ihre 
Keulen und drohen, ihn zu tödten, wenn er am Morgen nicht das 
Dorf verlassen hätte. 
Noch in der Nacht brach er auf und kam nach einem andern 
Ort der samländischen Küste. Hier verweilte er fünf Tage in einem 
Dorfe. Alles, was er hier sah und hörte von den Bewohnern, von 
ihrem festen Sinne, mit welchem sie beharrten bei den Göttern ihrer 
Väter, war keineswegs geeignet, ihn zum weitern Vordringen zu er- 
muntern. Auch einige Träume, die er hatte, schienen ihm das Ge- 
fährliche seiner Unternehmung zeigen und ihm die Rückkehr gebieten zu 
wollen. Allein der fromme Apostel achtete nicht auf solche Zeichen, 
und der Gedanke, daß er vielleicht dem gewissen Tode entgegengehe, 
vermochte seinen regen Eifer nicht zu erkalten, noch ihn zur Umkehr zu 
bewegen, ohne seinen heiligen Beruf erfüllt zu haben. 
Demnach zog er mit seinen Freunden mehr landeinwärts. Ein 
dichter Wald nahm sie auf. Tiefe Stille herrschte unter dem Schat- 
ten der gewaltigen Bäume, heilige Schauer durchbebten die einsamen 
Wanderer. Adalbert stimmte einen Psalm an. Von neuem Muthe 
belebt, schritten sie unerschrocken vorwärts und erreichten gegen Mittag 
einen vom Wald umkränzten, freien Platz. Hier machten sie Halt. 
Einer der Freunde las die Messe, und Adalbert nahm das Abendmahl. 
Darauf genossen sie einige Speise und legten sich in die Schatten der 
Bäume, um neue Kräfte zur Fortsetzung der Reise zu sammeln. Bald 
senkte sich der Schlaf auf ihre müden Augen, und die vorige Stille 
trat wieder ein. 
Die Armen! Sie waren, ohne es zu wissen, durch den heiligen 
Wald auf das geheiligte Feld der Preußen gekommen, welche geweihte
	        
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