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„Herr, wir sind Preußen! Pfui des schnöden Sold's!
Sieh, hier sind deine hundert Stücke Gold's!!“
Die sä'ten sie hohnlachend in den Sumpf,
Und wie sie fielen, scholl's im Moore dumpf.
Sie sprachen: „Unser Leben steht zum Pfand,
Nimm's, wenn du willst, es ist in deiner Hand;
Denn wisse, wir bekämpften dich mit List,
Da Greisesarm zu schwach zum Kämpfen ist.“
„Du und dein Heer, ihr seid in Todes Schooß!
Heraus, hervor! die Rache werde groß!"“
Der König schweigt und starrt, sein Knie erbebt;
Allein der Wald beweget sich und lebt.
Als ob die Blätter würden Zungen all,
So tönt hervor viel tansendstimm'ger Schall;
Als ob die Zweige würden Schwert und Speer,
So tritt auf einmal aus dem Wald ein Peer.
Da frommt kein Schild und widersteht kein Damm,
Die Polen alle müssen in den Schlamm; —
Es sinken Roß und Mann und Fürst und Heer,
Und ragt kein Zeichen, weder Helm noch Speer.
39. Christian von Oliva, der erste Bischof der Preußen.
200.
Um's Jahr 1200 lebte im Kloster Ollva bei Danzig ein Mönch,
Namens Christian. Er war geboren zu Freienwalde in Pommern und
hatte sich schon als Knabe und Jüngling durch Fleiß und Lernbegierde
ausgezeichnet. Zum Manne herangewachsen, beschloß er, dem Welt-
leben zu entsagen und sich dem Herrn zu weihen, und er wurde ein
Mönch. Sein reger Geist fand indeß zwischen den stillen Kloster-
mauern keine Befriedigung; er sehnte sich wieder hinaus in die Welt.