Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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Behutsamkeit zu Werke. Sie setzten über die Weichsel und legten an 
der rechten Seite des Stromes eine Burg an. Von hieraus bekriegten 
sie den Feind. Hatten sie ihn zurückgedrängt, so zogen sie weiter an 
der Weichsel hinab und erbauten eine zweite Burg. Sobald wieder 
ein Stück erobert war, wurde eine neue Burg angelegt. Diese Burgen 
wurden besetzt, und es bildeten sich aus ihnen Städte, in denen sich 
Deutsche niederliesen. So entstanden die Städte Thorn, Kulm, 
Marienwerder und andere. Deutsche Sprache und Sitte wurden im 
Lande eingeführt; deutsche Einwanderer bevölkerten dasselbe, die christ- 
liche Lehre fand Eingang, und so wurde das Preußenland ein deutsches. 
1283 hatte der Kampf sein Ende erreicht. Acht Hochmeister des 
Ordens und vierzehn Landmeister waren darüber hingestorben. Eine 
große Zeit war vorüber gegangen. Von ihr gelten die Worte: 
Wasser und Brot sättigte, ein einfaches Gewand kleidete, eine leichte 
Decke schützte den Ritter vor dem Erstarren, wenn er im ungeheizten, 
immer unverschlossenen Gemache auf Strohsack und Strohkissen in der 
Nacht, von häufigen Andachtsübungen ermüdet, ruhte. Er selbst fühlte 
sich erhaben als Glied einer glänzenden Kette, von der Welt geehrt. 
Der Ruhm, die Macht, die Größe des Ordens war seines Lebens 
Ziel und Lohn.“ 
  
42. Blüthe und Verfall des deutschen Ordens. 
Die Macht und Gewalt des Ordens beruhte auf der strengen 
Einheit und opferfähigen Begeisterung aller Ritter für dasselbe Ziel. 
Freudig entsagte der junge Edelmann seiner Familie und Heimath, 
sowie aller weltlichen Lust, um die strengen Gelübde der Keuschheit, 
des Gehorsams und der Armuth zu übernehmen. Nach überstandener 
Probezeit leistete er knieend am Hochaltare seine Gelübde; dann wurde 
ihm als Schirmer der Kirche das Schwert umgürtet, und aus den 
Händen des Priesters empfing er den weißen Mantel mit dem schwar- 
den Kreuze. Der neue Ritter wurde einem Ordenshause zugewiesen. 
Jede solche Genossenschaft bestand, unter einem Komthur, aus Priestern, 
Rittem und dienenden Brüdern. Der Tag des Ordensritters war 
streng geregelt und durch bestimmte Andachtsübungen in sechs Ab- 
schnitte getheilt. Schon früh Morgens riefen ihn die Glocken zur
	        
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