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Noch ist vom Heidenschwarme die Burg nicht überschwemmt;
Doch wo ist Kraft und Stärke, die ihren Anstrom dämmt?
Drei Ritter uud drei Knechte, sie blieben drin zur Wacht,
Als der Komthur zum Streite auszog mit Heeresmacht.
Nicht denken sie an Feinde, nicht denken sie der Hut,
Weit offen steh'n die Thore, nicht hemmen sie die Muth,
Die Brücke ist hernieder, die Vorburg menschenlos;
Der Christen starke Feste, die Christburg kahl und bloß.
Mit schnellen Schritten dringen zur Vorburg jene ein,
Durch sind sie schon, und nirgends erglimmt ein Hoffnungsschein;
Die Wachen weilen immer noch ohne Sorge drin:
Wer schirmt dem Christenthume die Burg mit muth'gem Sinn?
Wohl sah vom Kerkerthurme herab ein Augenpagr
Die Heidenkrieger stürmen heran in wilder Schaar;
Wohl hat's ein Plick erkundet, wie in die Burg sie fuhr,
Doch liegt er drin' in Fesseln geschmiedet vom Komthr.
Syrene ist's, der wack're, der edle Preußenheld,
Den hier um nichtigen Vorwand man so gefangen hält.
Nicht mangelt ihm die Ursach', des Ordens Feind zu sein;
Nicht zu verwundern wär' es, würd’ er des Fall's sich freu'n.
Doch stark und stärker wogt es ihm in der Heldenbrust, —
Nicht von der Rache Dürsten und nicht von wilder Lust;
Nicht denkt er mehr des Kerkers, nicht seiner Qualen mehr,
Er denkt der Christenbrüder und ihrer Noth und Wehr.
Wohl würd' er, wenn die Heiden ihn hier gefesselt sehn,
Bald frei hinaus zur Heimath und zu den Kindern gehn.
Doch nicht vom Feinde will er der Freiheit theures Gut,
Und wie er's deukt, da hebts ihn empor mit Riesengluth.
Er reißt mit Kahl'gen Sehnen in seiner Ketten Last,
Daß klirrend sie sich lösen und gar zerspringen fast,
Und mit gewalt'gem Fußtritt sprengt er des Kerkers Thor
Und stürmt, wie windgetragen, behenden Lauf's hervor.
Borassic. 5