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Es hat aus Roma's alter, ehrwürdig grauer Zeit.
Ein Name sich erhalten der Nachwelt, ruhmbestreut,
Horatius Cocles deckte der Tiberbrücke Pfad,
Doch größer noch und edler war, was der Preuße that.
Denn nicht der Römer sprengte zuvor der Fesseln Band,
In die der eig'ne Feldherr ihn schlug mit harter Hand;
Nicht brauchte er zu brechen des Kerkers Eisenschacht,
Damit den Kerkermeistern Errettung ward gebracht.
Nur ein Gedanke hegte des Preußen hohe Brust,
Und ein Gefühl erstickte der Rache wilde Lust;
„Das Vaterland zu retten!“ das gab ihm Heldenmuth.
So geht nun hin und suchet, daß ihr deßgleichen thut!
H. Albers.
45. Die Feier der christlichen Feste in alter Zeit.
Wie in manchen Gegenden unseres Vaterlandes im Mittelalter
die christlichen Feste gefeiert wurden, davon haben wir heut zu Tage
kaum eine Ahnung. Versetzen wir uns einmal in jene Zeit zurück.
Der Palmsonntag ist da. Die Messe ist beendet. Das Volk
sammelt sich vor der Kirchthür. Hier steht ein großer Esel von Holz,
der auf einem Gestelle mit Rädern ruht und ein Bildniß trägt, das
Christum vorstellen soll. Die Versammelten tragen Weidenruthen in
ihren Händen. Ein Priester erscheint, weihet die Ruthen und besprengt
jenes Bild mit geweihetem Wasser. Dann werfen nach mancherlei
Ceremonien Alle die Ruthen vor dem Esel auf die Erde, wie einst das
Volk gethan, als Jesus einzog in Jerusalem, anzudeuten, daß sie bereit
seien, dem Heilande den Weg zu bereiten. Nachmittags wird der
Palm-Esel unter zahlreicher Begleitung des Volkes und unter dem Ge-
sange der Schüler durch die Hauptstraßen der Stadt geführt. Wer
nur irgend kann, nimmt einige der geweiheten Ruthen mit sich nach
Hause, denn der Aberglaube sagt, daß sie schützen vor dem Einschlagen
des Blitzes.
Es ist Aschermittwoch. In der Kirche zeigt sich ein schlechter