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46. Die Wongolenschlacht bei Wahlstatt.
1241.
Lange schlich im Volke Schlesiens Ein Gerücht, das unstät wechselt,
Eine dumpfe Sage schon: Bald entschlummert, bald erwacht;
Eine grause Kriegesplage Jetzt geglaubt von bangen Seelen,
Soll herein von Osten droh'n! Jetzt mit keckem Mund verlacht.
Eben hat nach längerer Stille
Sicher sich das Volk geglaubt;
Plötzlich Schlag auf Schlag die Donner
Rollen über seinem Haupt.
Gustav Pfitzer.
Die Mongolen oder Tartaren waren in den wilden Steppen des
innern Asiens daheim. Sie verließen aber im Anfange des dreizehnten
Jahrhunderts ihr Vaterland und zogen nach Westen über die Wolga,
durch das mittlere Rußland nach Polen und Schlesien. Es waren
nicht bloß krieglührende Männer; ein ganzes Volk war auf der Wander-
schaft. Weiber und Kinder folgten ihnen, und große Heerden Vieh
führten sie mit sich. Wo es gute Weideplätze gab, da ließen sie sich
nieder und blieben daselbst, bis sie für ihr Vieh kein Futter mehr fanden;
dann erst zogen sie weiter. Wem das Land gehöre, darnach fragten
sie nicht, oder vielmehr, wohin sie kamen, da betrachteten sie Alles als
ihr Eigenthum, Land und Leute, Städte und Dörfer. Von ihrem
Wohnsitze aus schwärmten sie nach allen Richtungen, raubten und plün-
derten und kamen mit Beute beladen zurück. So war weit und breit
um einen solchen Lagerplatz Schrecken und Verwüstung. In ihren
Bewegungen waren sie so rasch, daß sie einen Weg von zwei oder
drei Tagereisen oft in einer Nacht zurücklegten und plötzlich an einem
andern Orte erschienen, von dem man sie noch viele Meilen entfernt
glaubte.
Im Jahre 1241 rückten die Mongolen in Oberschlesien ein.
Schrecken und Entsetzen gingen vor ihnen her. Ganz Schlesien zitterte
bei der Ankunft dieser Barbaren, doch ließ es den Muth nicht sinken.
Vertrauensvoll schaarten sich die kräftigen Söhne des Landes um ihren
Herzog Heinrich den Frommen zu Liegnitz. Längst schon hatte dieser
die Gefahr erwogen und Vorkehrungen zum Empfang der Mongolen