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mag. Man hat verschiedene Mittel um den Scheintod vom wirklichen Tod
zu unterscheiden. Das Beschlagen eines vor die Nase gehaltenen kalten
Spiegels oder die Bewegung einer Flaumfeder lassen auf Scheintod
schließen. Ein sicheres Zeichen besteht im Auflegen von Senfteig, welcher
bei Scheintoten die Haut noch rötet.
Vermutet man Scheintod, so sind unverzüglich Wiederbelebungsversuche
anzustellen. Man muß vor allem die fast erloschene Herz= und Atemtätig-
keit wieder anzuregen suchen. Dies geschieht teils durch Reizung der Emp-
findungsnerven, wie dies bei der Ohnmacht schon dargelegt wurde, teils
durch alsbaldige Einleitung der künstlichen Atmung selbst. Man entkleidet
den Scheintoten, hüllt ihn in warme Tücher ein, legt ihn bei etwas erhöhtem
Kopfe auf den Rücken und zieht seine Zunge vor, damit die Luftwege frei
werden. Sodann stellt man sich hinter den Kopf des Verunglückten, erfaßt
seine beiden Arme über dem Ellenbogen und zieht sie gestreckt, so weit es
geht, über den Kopf. In dieser Stellung beläßt man sie etwa 2 Sekunden.
Dadurch tritt Luft in die Lungen ein. Hierauf werden die Arme langsam
wieder zurückgeführt und zwei Sekunden an die Seiten der Brust gedrückt.
Auf diese Weise tritt die Luft wieder aus. Im Takte des ruhigen Atmens
fährt man vorläufig eine Stunde lang fort. Aber man verliere die Geduld
nicht, sondern zeige große Ausdauer; denn die Arbeit der Wiederbelebung
glückt oft erst nach fünf Stunden. Sind zwei Personen zugegen, so machen
beide, jeder an einem Arm, gleichzeitig dieselben Bewegungen. Hat man
die Freude Lebenszeichen wahrzunehmen — es tritt ein plötzlicher Farben-
wechsel im Gesicht ein und der Scheintote beginnt schwach zu atmen —
so wird die künstliche Atmung mit Unterbrechungen schwächer und schwächer
fortgesetzt. Man reibe und bürste Waden und Arme und wasche die Schläfe
und Stirn mit warmem Branntwein oder Essig. Nach dem Erwachen
flößt man dem Wiederbelebten etwas Wein ein und überläßt ihn dann dem
Schlummer. Diese Aufgaben sind bei allen Arten von Scheintod zu lösen.
Jede Art aber erfordert noch ein besonderes Verhalten.
Lesebuch von Schanze.
97. Die Trichine, der Bandwurm und die Finne.
Die Trichinen verursachen die schreckliche Trichinenkrankheit, die
von den Arzten erst in neuerer Zeit erkannt worden ist. Das winzig kleine
Würmchen lebt im Fleische mancher Tiere, namentlich der Schweine. Ge-
nießt der Mensch trichinenhaltiges Schweinefleisch, so erkrankt er mehr
oder weniger schwer, ja nicht selten tritt der Tod ein. Die genossenen
Trichinen setzen sich nämlich im Darme der Menschen fest und erzeugen hier
lebendige Junge, Fadenwürmchen, wie man sie kleiner kaum kennt. Die
alten Trichinen bleiben im Darme, bis sie untergehen; die junge Brut
aber wandert vom Darme aus in den Körper des Menschen ein. In dem
Fleische allein treffen die jungen Trichinen eine für ihr weiteres Wachstum
geeignete Wohnstätte. Schon 14 Tage nach der Einwanderung ist das
Würmchen ausgewachsen. Nun vollt es sich spiralartig zusammen wie eine
Mater-Bode, Lesebuch, 3. Aufl. 14