Der Zeitgeist und das Militär-Strafrecht. 119
Armee-Organisation gehört aber nicht nur Einheit in allen strategischen
und taktischen Verhältnissen, sondern auch Einheit der Disciplin und
Strafrechtspflege.
Wenn wir das hier über die Umgestaltung des Militärrechts durch
den Zeitgeist Gesagte überblicken, so kommen wir zu der erfreulichen
Überzeugung, dass auch das Militärrecht sich im Geiste der Humanität
und Gerechtigkeit fortentwickelt. Die Menschheit strebt in der Staats-
und Gesellschafts-Ordnung immer mehr und mehr, nach allen Richtungen
hin das Menschheits -Ideal zu verwirklichen. Es wäre allerdings ver-
messen, zu entscheiden, ob dieses Ziel jemals ganz erreicht werden
wird, allein die Weltgeschichte lehrt uns, dass die Menschheit in civili-
satorischer Hinsicht immer Fortschritte macht. Byron hat zwar die Welt-
geschichte mit der Flut und Ebbe des Meeres verglichen. Zutreffender
erscheint uns aber der von Scherr in seiner Geschichte der deutschen
Literatur (S. 210) gemachte Vergleich der Weltgeschichte (und wir
fügen hinzu, auch des Zeitgeistes) mit einem Strom, welcher langsam
und in vielen Krümmungen, dennoch aber immer vorwärts rollt.
Welche Wendung der Strom des Zeitgeistes aber auch gegen-
wärtig nehmen mag, so können wir der Zukunft doch mit Beruhigung
entgegensehen, da es eine allgemeine und festbegründete Überzeugung
ist, dass das Heer Schild und Schwert nach außen und die sicherste
Stütze der gesellschaftlichen Ordnung im Innern ist, und dass das Heer
ausschließlich dem obersten Kriegslierrn zur unwandelbaren Treue und
zum Gehorsam verpflichtet ist, und gleich diesem allen politischen Par-
teien fern stehen soll.