Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Rechte und Pflichten des Officiers im Militär-Strafverfahren. 141 
Bei der Vernehmung des Beschuldigten und der Zeugen können 
die in der Militär-Strafprocess-Ordnung angegebenen Bestimmungen zur 
Richtschnur dienen. Es wird daher insbesondere aufzuklären sein, ob 
der Beschuldigte die That begangen und was denselben hiezu bewogen 
habe, wo und zu welcher Zeit die That geschehen. sei, ob dieselbe auf 
bösem Vorsatze oder auf Fahrlässigkeit beruhe, durch welche Mittel 
und auf welche Art und Weise dieselbe vollbracht worden sei, wer zur 
That mitgewirkt oder wissentlich daran theilgenommen habe, und end- 
lich, auf welche Art die Mitwirkung geschah ($ 172 M.-St.-P.-O.). 
Nur die Aussage des Beschuldigten ist glaubwürdig, welche frei, 
ohne Einwirkung von Furcht oder Zwang abgelegt wird, und nur eine 
solche Aussage hat juristischen Wert. Der Beschuldigte (sowie der 
Zeuge) ist daher zwar ernstlich zur Angabe der Wahrheit aufzufordern, 
und kann demselben auch vorgehalten werden, dass es eine moralische 
Pflicht des Soldaten ist, über Befragen seiner Vorgesetzten stets die 
Wahrheit zu sagen; niemals darf jedoch eine Vorspiegelung falscher 
Verdachtsgründe oder erdichteter Beweismittel, eine Verheißung ge- 
linderer Strafe oder einer Begnadigung, noch irgend eine Bedrohung, 
Thätlichkeit oder Misshandlung gegen den Beschuldigten in Anwen- 
dung gebracht werden ($ 180 M.-St.-P.-O.). Eine Misshandlung des Be- 
schuldigten oder eine über denselben verhängte Strafe, um ihn zu einem 
Geständnis der That zu bewegen, würde die gerichtliche Untersuchung 
gegen den betreffenden Vorgesetzten selbst zur Folge haben. 
Die Aussagen des Beschuldigten (beziehungsweise des Zeugen) sind 
in der Strafanzeige möglichst mit dessen eigenen Worten anzuführen, 
wobei dunkle und zweideutige Ausdrücke nach Befragen des Beschul- 
digten (des Zeugen) über den Sinn des Ausgesagten aufzuklären sind. 
Bei der Vernehmung der Zeugen sind die Fragen insbesonders so 
einzurichten, dass denselben Gelegenheit geboten werde, was ihnen über 
die That bekannt ist, zu erzählen, und nur was an der Vollständigkeit 
ihrer Aussage noch mangelt, durch besondere Fragen aufgeklärt werde. 
Die Vernehmung von Zeugen, welche abwesend sind, oder deren 
Abhörung überhaupt mit Schwierigkeiten verbunden ist, kann, nament- 
lich wenn der Beschuldigte geständig ist oder sonst genügende Ver- 
dachtsmomente vorhanden sind, unterbleiben. 
2. Werkzeuge, mit welchen die That begangen wurde, und Gegen- 
stände, an welchen die That Spuren zurückgelassen hat, oder welche 
mit der That in irgend einem Zusammenhange stehen, sind in Ver- 
wahrung zu nehmen und nach Thunlichkeit mit der Strafanzeige dem 
Gerichte einzusenden. 
Es ist mit Sorgfalt darauf zu sehen, dass an diesen Gegenständen 
nachträglich keine Veränderung vorgenommen werde, sondern dass die-
	        
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