Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

10 Das Militär-Strafrecht des Alterthums und der Gegenwart. 
französische durch mindestens sechs, das italienische durch fünf Tage‘ 
zum Begriff der Desertion voraussetzen. Die Bestrafung der Desertion 
in den neuen Gesetzbüchern ist eine verschiedene, jedoch stimmen alle 
darin überein, dass die Desertion zum Feind und die Desertion vom 
Posten im Angesichte des Feindes mit dem Tode bestraft wird ($ 194 
österreichisches Militär-Strafgesetz, $ 73 deutsches Strafgesetz, Art. 213 
des französischen Militär-Gesetzes, Art. 97—9) des italienischen Militär- 
Gesetzes). 
Außerdem bestraft das österreichische Gesetz jede vierte Desertion 
im Frieden, jede dritte im Kriege, das deutsche im Rückfall die Desertion 
im Felde, wenn die frühere Desertion auch im Felde begangen wurde, 
mit dem Tode. 
Der Deserteur bricht die Pflicht der Treue durch Flucht. Es gibt 
aber noch eine andere Art der Verletzung der militärischen Treue, näm- 
lich durch 
Selbstmord und Selbstverstüummlung. 
Es reiht sich somit an das Verbrechen der Desertion jenes des 
Selbstmordes und der Selbstbeschädigung. 
Die Römer sahen den Selbstmord überhaupt nicht als ein Ver- 
brechen an. Der Selbstmörder erlitt, wenn er nicht sonst eine Hand- 
lung, die sich als Verbrechen qualificierte, begangen hatte, keinerlei 
Nachtheile, weder in Beziehung auf das Vermögen, noch in Bezug auf 
seine Bestattung. 
Bekanntlich wurde der Selbstmord von namhaften Römern, so zum 
Beispiel von Cato von Utica, in gewissen Fällen empfohlen und geübt. 
Ganz andere Grundsätze galten für die Soldaten, deren Leben 
ihrem Eide nach dem Staate angehörte. Der Soldat, welcher sich aus 
einer gerechten Ursache zu tödten versuchte, wurde mit Ausstoßung 
aus der Armee, derjenige aber, welcher sich aus Überdruss am Kriegs- 
dienst zu tödten versuchte, mit dem Tode bestraft (1.6, $ 7, 49, 16; 1. 35, 
$ 12, 48, 19). Hatte ein Soldat sich wirklich getödtet, so wurde nur dann, 
weun er dies wegen eines Verbrechens getlan, sein Vermögen confis- 
ciert (l. 34, pr. 29, ]). 
Nach unserer modernen Ansicht ist der Selbstmord überhaupt nicht 
strafbar, und so finden wir auch in den Militär-Strafgesetzen der Gegen- 
wart keinerlei Strafbestimmungen gegen den Selbstmord. 
Anders bei der Selbstbeschädigung. Von dem römischen Schrift- 
steller Ammianus erfahren wir, dass sich die Römer, um sich zum 
Militärdienst untauglich zu machen, den Daumen der linken Hand 
abzuhauen pflegten, da mit diesem der Schild geführt wurde. Begreif- 
lich ist dies erst in den Zeiten, wo bereits alles in Verfall war, vor-
	        
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