154 Die philosophische Begründung des Militär-Strafrechts.
dass ohne die Kenntnis der leitenden Grundsätze des
militärischen Rechts die militärische Bildung keine voll-
ständige ist, unbestreitbar richtig. Ohne philosophische Grundlage
ist aber die Kenutnis des Rechts nur eine mangelhafte.
Der Gesetzgeber hat das Gesetz (nicht das Recht, denn dieses
ist schon vor dem Gesetze da) erst zu schaffen, die Bestimmungen,
die künftighin erst als Normen gelten sollen, zu erlassen. Für den
Gesetzgeber ist die Ergründung des strafrechtlichen Princips von
großer Wichtigkeit, da durch dasselbe die einzelnen gesetzlichen Be-
stimmungen ihr eigenthümliches Gepräge erhalten, und da sich aus dem
Princip ergibt, welche der bestellenden Bestimmungen bei einer Reform
des Gesetzes beizubehalten, welche hingegen durch neue zu ersetzen
sind. Gegenwärtig, da eine Reform eines Theiles des Militär-Strafrechts,
nämlich des Militär-Strafprocesses in Aussicht steht, ist daher die Unter-
suchung, welches Princip dem Militär-Strafrecht zugrunde liegt, ge-
wiss eine zeitgemäße, und behandelt eineimhohen Grade actuelle
Frage.
Die militärische Strafrechts-Tleorie bildet die Grund-
lage der Philosophie des Militärrechts.
Die philosophische Behandlung des Rechtsstoffes ist von hoher
Bedeutung, denn die Philosophie ist die Wissenschaft aller Wissen-
schaften, in ihr liegen die Fundamente aller übrigen Wissenschaften;
ohne sie eme Wissenschaft anfangen, heißt in die Luft bauen und die
darzustellende Wissenschaft ohne Grundlage anfangen.')
Leider wurde dem Rechte überhaupt, dem Militärrechte insbe-
sonders, bis auf die jüngste Zeit herab eine unwissenschaftliche Be-
handlung zutheil, und bestand die praktische Handhabung des Rechts
oft nur in einer schablonenmäßigen Anwendung der einzelnen Gesetz-
paragraphen. Dies ist der Grund, weshalb die Rechtswissenschaft, ob-
wohl dieselbe eine hohe Bedeutung für Staat und Volk hat, oft eine
abfällige Beurtleilung fand.
Hugo Grotins war Doctor beider Rechte, allein die juristische
Praxis sagte ihm nicht zu, weil, wie er sich ausdrückte, „das bloße Ge-
schäft der BRechtsgelehrten keinen großen Mann macht, es ihn viel-
mehr an dem Fortschritt in der Gelehrsamkeit hindert“. Anders dachte
Hngo Grotius, als er anfieng, den Itechtsstoff philosophisch zu be-
handeln. Hugo Grotius wird der Vater des Völkerrechts genannt, er
wurde auch der Begründer der naturrechtlichen Schule, welcher, wenn
sie auch die historische Seite des Rechts vernachlässigte, jedenfalls das
Verdienst zukommt, die für unfehlbar und allein selig machend ge-
N Berner l.c., 8.8.