Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Die philosophische Begründung des Militär-Strafrechts, 155 
haltene Autorität des römischen Rechts erschüttert, und auf das richtige 
Maß zurückgeführt zu haben.') 
Goethe war Jurist, allein er wandte sich von der Rechtswissen- 
schaft ab zu den ihm mehr zusagenden Naturwissenschaften. Indem 
Goetlie in seinem größten Meisterwerke, in Faust, den Mephistopheles 
sagen lässt: 
Es erben sich Gesetz und Rechte 
Wie eine ew’ze Krankheit fort, 
Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte 
Und rücken sacht von Ort zu Ort, 
Vernunft wird Unsinn, Wohlthat Plage... 
kennzeichnet er den Standpunkt, welchen er selbst zur Rechtswissen- 
schaft einnahm. 
H. Heine?) führt wiederholt an, dass er stolz sei, Doctor der Reclıte 
zu sein, gesteht aber auch, dass die Jurisprudenz die Wissenschaft sei, 
von welcher er am wenigsten verstehe. In seiner Harzreise erzählt Heine 
in gewohnt satirischer Weise, ihm habe geträumt, in Göttingen im 
juridischen Saale gewesen zu sein. Dort sei ihm Themis mit Schwert 
und Wage erschienen. Dieselbe sei von ihren Jüngern umgeben gewesen, 
welche aus Gesetzbüchern declamierten und sich um die Auslegung 
der Paragraphen stritten, dass ihm die Ohren summten. Er habe sich 
in dem historischen Saal, zu den Bildern Apollos und der meldiceischen 
Venus geflüchtet, und griechische Ruhe sei in seine Seele eingezogen. 
Im Bilde eines Traumes erzählt Heine, wie er aus einem Juristen ein 
Dichter wurde. 
An den abfälligen Urtheilen über die Rechtswissenschaft ist nicht 
diese selbst, sondern die unwissenschaftliche Behandluns des Rechts- 
stoffes schuld. Es wurde nur zu oft verkannt, dass die einzelnen Tlieile 
der Rechtswissenschaft untereinander in einem organischen Zusammen- 
hange stellen, dass ein Theil ohne den andern nicht richtig verstanden 
werden kann. Der ärztliche Specialist kann sich nicht darauf beschränken, 
jenen Theil des Körpers zu kennen, welcher den Gegenstand seines 
Specialfaches bildet, denn alle Theile des Körpers stehen untereinander 
in eineın organischen Zusammenhange, alle werden unanfhörlich vom 
Kreislauf des Blutes durchzogen. Wie mit der medicinischen Wissen- 
schaft, verhält es sich auch mit der Rechtswissenschaft. Das Militärrecht 
z. B. ist ein Theil des Strafrechts und steht daher mit diesem, aber 
Y) Dahn, „Vernunft im Recht“, 1879, S. 45. 
>) Wenn wir hier Heine nach Goethe nennen, so stellen wir den Dichter Heine 
nicht dem Dichter Goethe gleich. Über den Menschen Heine stimmen wir dem Ur- 
theile Scherrs („Geschichte der deutschen Literatur“, S. 151) vollkoınmen bei.
	        
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