160 Die philosophische Begründung des Militär-Strafrechts.
haben sie ihre Theorie selbst gerichtet, denn das Princip des Straf-
rechtes kann nur eines sein, das liegt im Wesen des Princips. Es kann
also nicht die Besserung nur für die Freiheitsstrafen, ein Noth-
wehrrecht des Staates aber für die Todesstrafe der Grund sein. Soll
die Strafe, um andere zu bessern, verhängt werden, so würde der Soldat
wieder wie bei der Abschreckungs- Theorie nur als Mittel verwendet
werden, was aber der Vernunft und den Menschenrechten widerstreitet.
Namhafte Philosophen und Juristen (Rousseau, Beccaria, Fichte)
leiten die Strafe von dem Staatsbürger-Vertrag ab. Nach ihrer
Ansicht ist der Staat durch einen Vertrag entstanden, welchen die
Menschen der eigenen Sicherheit halber abgeschlossen haben. Durch
diesen Vertrag ist dem Staate das Recht eingeräumt, den Übelthäter
zu bestrafen. Für das allgemeine Strafrecht hat die Vertrags-Theorie
keine Berechtigung, da ein Staatsbürger-Vertrag niemals geschlossen
wurde. Für eine Periode des Militärrechtes, für die Zeit, da die Heere
aus auf die Kriegsdauer geworbenen Söldnern bestanden, scheint die
Ableitung der Strafe aus einem Vertrage etwas für sich zu haben.
Zwischen dem Werbeherrn und den Angeworbenen wurde wirklich ein
Vertrag geschlossen. Einen Theil dieses Vertrages bildeten die Kriegs-
artikel, in welchen die Militär-Delicte verzeichnet waren. Allein wenn
auch damals die Erfüllung der militärischen Pflichten zum Gegenstand
eines Vertrages gemacht wurde, so ist, wollte man die militärischen
Delicte auf einen Vertragsbruch zurückführen, der Rechtsgrund der
militärischen Strafe doch nicht erklärt. Es bleibt die Frage unbeaut-
wortet, aus welchem Grunde und mit welcher Berechtigung man die
Strafe zum Gegenstande eines Vertrages machen konnte Für das
Militär-Strafrecht der Gegenwart ist die Vertrags-
Theorie gänzlich unhaltbar, da die Ableistung des Militärdienstes
eine Bürgerpflicht ist, und nicht auf Grund eines Vertrages geschieht.
Der Fahneneid ist nicht die Bekräftigung eines Vertragsverhält-
isses, sondern wird durch denselben den militärischen Pflichten ein sa-
eraler Charakter gegeben. Die militärischen Pflichten werden durch den
Falıneneid auch unter den Schutz der Religion gestellt.
Kant stellte eine absolute Strafrechts-Theorie auf, indem
er zeigte, dass die Strafe nicht durch einen Zweck oder ein Interesse
gerechtfertigt werden kann. Kant fasste die Strafe als einen katego-
rischen Imperativ der praktischen Vernunft auf, dessen objectiver Beweis
nicht erbracht werden kann. Es muss gestraft werden, weil verbrochen
wurde. Was das Maß der Strafe anbetrifft, so stellt Kant eine materielle
Wiedervergeltung auf, in den Strafen soll sich der specifische Charakter
der Verbrechen abspiegeln. — Auf Kants Theorie beruht die Theorie
Hegels, welcher die Strafe als eine «ialectische Nothwendigkeit auffasst.