Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Die philosophische Begründung des Militär-Strafrechts. 163 
gegen den Staat. — Delicte gegen Jen Staat können von Personen 
begangen werden, welche nicht zu den Organen desselben gehören, von 
Bürgern oder von Fremden. Delicte gegen den Staat können aber auch 
von den Organen desselben verübt werden. Zu diesen Delicten gehören 
die strafbaren Handlungen der Beamten (Amtsdelicte) und die Militär- 
Verbrechen und Vergehen. 
Das Heer hat, wie alles was besteht, seine Geschichte. Im Anfange 
bestand das Heer aus allen waffenfähigen Männern des Volkes. Das Heeı 
war das Volk in Waffen. Das Volksheer machte den Lehensheeren Platz. 
Diesen folgten die stehenden Heere, welche ursprünglich nur aus ge- 
worbenen Söldnern bestanden. Die heutige Wehrverfassung beruht auf 
der allgemeinen Wehrpficht. An die bestehenden Rahmenheere 
schließt sich das Volk in Waffen an. 
Auch die Bewaffnung des Heeres hat viele Veränderungen durch- 
gemacht. Von der Bewaffnung der Krieger mit Framen, — das ist aus 
Holz bereiteten Speeren mit schmaler kurzer Eisenspitze, — und der Zeit, 
da die Krieger mit Farben bunt bemalte Schilder trugen,!) bis zur Ein- 
führung der gezogenen Kanonen, des Magazins-Gewehres und des rauch- 
schwachen Pulvers liegt eine lange Cultur-Epoche der Menschheit. 
Unter allen Veränderungen, welche das Heer in Bezug auf Be- 
waffnung und Organisation durchgemacht hat, finden wir ein Moment, 
welches unveränderlich geblieben ist, welches den Heeren aller 
Zeiten und aller Staaten gemeinsam ist, nämlich die Bestimmung des 
Heeres für den Krieg. Dieses unveränderliche Moment macht das 
Wesen, den Begriff des Heeres aus. Das Heer ist daher das wich- 
tigste Organ der Staaten zur Führung des Krieges. Der 
Krieg aber ist ein wichtiges Moment im Leben der Völker. Solange 
die Menschen sind, wie sie eben sind, werden Kriege stets periodisch 
wiederkehren. 
Allerdings haben sich, seit der Abbe de Saint-Pierre mit seinem 
Projet de paix perpetuelle (1713) aufgetreten ist, viele Vertheidiger der 
Idee eines ewigen Friedens gefunden, zu welchen auch der große 
philosophische Denker Immanuel Kant zählt. Die beste Kritik des Planes 
eines ewigen Friedens hat aber wohl schon Leibniz mit den Worten 
gegeben: „Je me souviens de la devise d’un cimetiere avec ce mot: „pax 
perpetua“ car les morts ne se battent point; mais les vivants sont d’une 
autre humeur et les plus puissans ne respectent guere les tribunaux,“ -— 
Derjenige, welcher einen ewigen Frieden stiften will, muss die Mensch- 
heit ändern, oder er muss sich in eine ideale Welt begeben, wo Mein 
und Dein nicht gilt, und niemand Leidenschaften hat.?) 
I) Tacitus, „Germania, 6. 
2) Jühus, „Geschichte der Kriegwissenschaften“, III, S. 1903. 
  
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