Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Der Geist des Heeres und der Idealismus. 191 
Das Leben des Kriegers bietet viele erhabene Momente. Ein Ge- 
mälde, welches den Abschied des ins Feld ziehenden Kriegers darstellt, 
der von seiner Familie scheidet, den die weinende Mutter und die Frau 
mit dem unbefangen in die Welt blickenden Kinde auf dem Arm um- 
stehen, während der alte Vater ernst und betrübt seine Blicke auf den 
Scheidenden richtet, — erweckt gewiss das Gefühl der Wehmuth, zu- 
gleich aber auclhı der Bewunderung für den Mann, der sein Liebstes 
verlässt, um in Erfüllung seiner Pflicht für das Wohl der Allgemein- 
heit in den Kampf zu ziehen. Wie könnte die Idee des den Tod ver- 
achtenden Mutlies besser versinnlicht werden, als durch ein Gemälde, 
welches eine zum Angriff schreitende Truppe darstellt. Mit tiefem Ernste 
erfüllt uns der Anblick eines Bildes von einem Schlachtfelde nach ge- 
schlagener Schlacht. Wir sehen Freund und Feind friedlich neben- 
einander liegen, wir sehen hingestreckt auf dem Felde der Ehre einen 
General, geschmückt mit Ordenszeichen, und einfache Wehrmänner, — 
und dieser Anblick erweckt in uns die Idee an die allgewaltige Maje- 
stät des Todes. Zugleich aber begeistert sich unser Gemüth bei dem 
Gedanken, dass alle ihr Leben in Ausübung der Pflicht aufopferten. — 
Ein Gemälde, welches die Heimkehr des Kriegers darstellt, erweckt in 
uns das Gefühl der Rührung und Freude, — und Vergnügen, welches 
aus sittlicher Quelle hervorgeht, zu bereiten, ist gewiss ein erhabener 
Zweck der Kunst. 
Auch mit friedlichen Scenen aus dem Soldatenleben beschäftigt 
sich die bildende Kunst. Ein Bild z. B., welches einen unbefangen 
und froh in die Welt hinausblickenden, einen Humpen schwingenden 
Landsknecht darstellt, kann unsere Phantasie anregen. Die Zeiten der 
Soldaten-Republik der Landsknechte ziehen an unserem geistigen Auge 
vorüber. Wir erinnern uns an Götz von Berlichingen, an Georg von 
Frundsberg u. s. w. Ein solches Bild ist ob der Idee, die in demselben 
zum Ausdruck kommt, geeignet, uns immer aufs neue anzuziehen und 
zu fesseln. 
Wie mit der bildenden Kunst verhält es sich mit der Poesie. 
Die wichtigsten Gegenstände der Dichtkunst sind die Liebe und der 
Krieg.') Welch wichtige Rolle der Krieg im Drama spielt, geht. aus 
den Trauerspielen Äschylos, Schillers und Shakespeares hervor. Das 
Epos ist ohne Erzählungen von Heldenthaten und ohne Kıieg über- 
haupt nicht denkbar. Von der Iyrischen Poesie gilt gewiss nicht der 
Satz, dass die Musen im Kriegslärm schweigen. Die Kriegs-Lyrik nimmt 
in der Poesie einen hervorragenden Platz ein. Patriotisch-soldatische 
Dichtungen über die Liebe zum Vaterland, über die Treue zum obersten 
  
1) B. Kießling, „Der ewige Krieg“, 1890, S. 78.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.