192 Der Geist des Heeres und der Idealismus.
Kriegsherrn, über die Trauer um den gefallenen Kameraden, belıandeln
gewiss würdige Gegenstände. Die kriegerischen Dichtungen, zum Bei-
spiel von Körner, werden fortleben in allen künftigen Zeiten.
Die Kunst entlelint nicht nur ihre Gegenstände aus dem Kriegs-
leben, sie wirkt auch anregend auf den kriegerischen Geist. Als die
Spartaner von den Messeniern wiederholt geschlagen wurden, baten sie
die Athener um Hilfe. Diese schickten ihnen den Tyrtäus, einen guten
Dichter und Flötenspieler. Tyrtäus verstand es, die Spartaner durch
seine Gedichte und Kriegsgesänge derart zu begeistern, dass sie den
Sieg davontrugen. Die Musik ist die wahre, allgemeine Sprache, welche
in allen Ländern und zu allen Zeiten verstanden wird.’) Sie ist die
bildlose Sprache des Herzens und aus diesem Grunde hat eine Melodie
im Kriege eine zündende Wirkung auf die Gemüther. Die Regiments-
Musiken bestehen daher nicht der bloßen Unterhaltung wegen. Dichtung
und Musik werden sich, weil sie auf das Gemüth wirken, stets als
geistige Kriegsmittel verwenden lassen.
Die Idealität ist, wir wiederholen es, der Grundton im mili-
tärischen Charakter. Da die Zeit der Ideale die Jugend ist, so ist
für die Bevölkerung das jugendliche Alter (also nicht allein mit Rück-
sicht auf die körperliche Rüstigkeit) das passendste für die Ableistung
des Kriegsdienstes. Der eigentliche Berufssoldat bewahrt die Ideale
seines Berufes infolge Erziehung, Denkungsart und Lebensweise bis an
das Ende seiner Tage.
Ein Heer ist stark, solange Ideale dasselbe beseelen. Das Ideal
macht den Arm kräftig, der das Schwert führt; kraftlos sinkt derselbe,
sobald das Ideal verschwunden ist. Es ist daher gewiss eine hoch-
wichtige Aufgabe des Staates, darauf zu sehen, dass schon in den
Jugendlichen Herzen der Sinn für das Erhabene und Schöne geweckt
werde. Die häusliche Erziehung und die Volksschule müssen der Er-
ziehung der Soldaten vorarbeiten. Pflichtgefühl, Ehre und Vaterlands-
liebe muss der Soldat vom Hause mitbringen, die militärische Erziehung
kann und soll diese Tugenden kräftigen und fortentwickeln. Die Jugend-
Erziehung hat sowohl auf Kräftigung des Körpers, als auch auf Bildung
des Geistes und Entwicklung des moralischen Pflichtbewusstseins be-
dacht zu sein.
Eine staatliche Pflicht ist es ferner, für die im Kriegsdienste durch
Wunden, Alter oder Krankheiten untauglich gewordenen Soldaten, und
für die Witwen und Waisen der Krieger zu sorgen.?) Jener, welcher
jederzeit bereit ist, für das Vaterland seine Gesundheit und sein Leben
I) Schopenhauer, „Parerga und Paralipomena“, 1878, II. Bd., S. 462.
2) Schnaekenburg, „Das Invaliden- und Versorgungswesen“, 1859, 8.1.