Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

IHO Der militärische Landesverrath. 
Ihn Alterthum waren die Kriege Vernichtungskämpfe der Nationen. 
Die eroberten Städte wurden zerstört, dio Gefangenen verfielen der 
Sclaverei, das feindliche Privat-Eigenthum unterlag dem Beuterechıt. 
und der Plünderung. 
Fast noch roher als im Altertum war die Kriegführung im Mittel- 
alter. Namentlich war das Los der Kriegsgefangenen und Geiseln ein 
trauriges. Die Geschichte der Städtebelagerungen im Mittelalter erzählt 
von zahlreichen Grausamkeiten, welche gegen die. Kriegsgefangenen 
verübt wurden. So z.B. ließ Kaiser Friedrich I. bei der Belagerung 
von Crema (1159), erzürnt über den hartnäckigen Widerstand, den die 
kleine Stadt seinem Heere entgegensetzte und dasselbe hiedurch in den 
Operationen gegen Mailand hinderte, zahlreiche Gefangene und Geiseln, 
vornchme Bürger aus Mailand und Crema, hinrichten. Andere Gefangene 
wurden in Körben an den Belagerungsmaschinen aufgehängt und nachts 
bei denselben brennende Kerzen befestigt, um dadurch die Belagerten 
abzuhalten, die Belagerungsmaschinen zu beschießen. Die Belagerten 
übten Repressalien aus, indem sie älmliche Grausamkeiten au den in 
ihren Händen befindlichen Kriegsgefangenen verübten. 
Gleiches wird über die Belagerung von Brescia (1232) durcli Kaiser 
Friedrich II. berichtet. Die Gefangenen wurden von Seite der Kaiser- 
lichen an die Belagerungsmaschinen, von den Brescianern an den Pallı- 
sadenzaun gebunden, um dieselben den Geschossen der Gegner aus- 
zusetzen, beziehungsweise dieselben an einem energischen Vorgehen 
zu hindern. 
Andere Nationen standen den Deutschen und Italienern an Grau- 
samkeiten nicht nach. So ließ König Richard Löwenherz einige tausend 
Mann der Festung Accon nach deren Oapitulation hunrichten, weil das 
Lösegeld für dieselben nicht bezahlt wurde. Im Kreuzzuge 1597 ließen 
die Franzosen vor der Schlacht von Nikopolis tausend gefangene tür- 
kische Unterthanen niedermetzeln, und infolge dessen ließ Bajazıd die 
selangenen Franzosen enthanpten.') 
Das feindliche Privateigenthum war Gegenstand der Aneignung 
des Siegers. Wenn auch in den Kriegsgesetzen Strafbestimmungen gegen 
vorzeitiges Plündern, gegen die Zerstörung von Mühlen und gegen Ver- 
wüstungen vorkamen, so beruliten die Normen doch nur auf militärischen 
Rücksichten, nicht aber auf‘ Humanitätsgründen. 
Durch die Fortschritte des Völkerrechts wurde das Kriegsrecht 
humanisiert. Mars lässt dem Äsculap und der 'T'hemis noch Raum. Bereits 
im vorigen Jahrhundert galten Verletzungen der friedlichen Einwohner 
1) Köhler, „Die Entwicklung des Kriegswesens und die Kriegführung in der 
Ritterzeit, 1. Bd.. S. 62, 2585, [LTE Bd., 8.592.
	        
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