Das Diseiplinar-Strafreebt und das Prineip der
Individualisierung.
Eine der wichtigsten und heiligsten Pflichten des mit einem Com-
mando betrauten ÖOfficiers ist eine gerechte und zweckentsprechende
Handhabung des Disciplinar-Strafrechts.
Im Disciplinar-Strafrecht ist der Vorgesetzte, welcher eine Strafe
verhängt, Richter, und in gewisser Bezielung auch Gesetzgeber. Eine
Anzahl Disciplinar-Übertretungen (Vergehen, welche im Disciplinarwege
bestraft werden können) sind im Militär-Strafgesetze oder in besonderen
Vorschriften als solche bezeichnet. Es gibt aber auch Handlungen (Unter-
lassungen), welche zwar nicht ausdrücklich als strafbar erklärt sind,
dennoch aber im Interesse der militärischen Disciplin bestraft werden
müssen. Während also der Richter eine Handlung nur dann strafen
kann, wenn dieselbe im Gesetze als strafbar erklärt ist, entscheidet der
militärische Vorgesetzte nach seiner Auffassung über Disciplin und
Recht, ob eine Handlung (Unterlassung) strafbar ist, und verhängt auch
dann die ihm gerecht scheinende Strafe. Es tritt hier das rein persön-
liche Urtheil an Stelle des objectiven Rechts, was im Heerwesen niemals
zu vermeiden ist. Dem Vorgesetzten ist daher durch das Disciplinar-
Strafrecht eine große Macht über seine Untergebenen eingeräumt und
ist aus diesem Grunde eine den Grundsätzen der Gerechtigkeit ent-
sprechende Handhabung dieses Rechts ein Postulat der Humanität und,
da die Disciplin nur im Vereine mit der Humanität bestehen kann, auch
eine wesentliche Voraussetzung der Disciplin.
Aus jahrhundertlanger Oulturarbeit ist, was das allgemeine Straf-
recht betrifft, die Erkenntnis gereift, dass das Princip der Individuali-
sierung eine Bedingung jeder gerechten Strafrechtspflege ist. Die Strafe
ist aber dann nach dem Princip der Individualisierung verhängt, wenn
vorher die objective und subjective Seite der That genau in Erwägung
gezogen wurde, wenn untersucht wurde, welcher Schade durch die That
entstanden ist, und welches Verschulden das Individuum trifft, welches
die That begangen hat.
Der Grundsatz der Individualisierung, welcher für das allgemeine