Die Kriegsgefangenschaft. 223
Verwundeten und Kranken sollen durch „den Feldscherer besorgt“ und
ihnen die zur Genesung erforderlichen Medicinen und „Nothdurften“
verabreicht werden. Die Verpflegs- und Heilungskosten wurden nach
Beendigung des Krieges refundiert.
Nach den Grundsätzen des heutigen Völkerrechts sind die Kriegs-
gefangenen Sicherheitsgefangene. Die Beschränkung der Freiheit der
Kriegsgefangenen, deren Rückbehaltung, geschielit nur, um die feind-
liche Kriegsmacht zu schwächen. Sie werden in Festungen, eigens er-
richteten Lagern, Baracken untergebracht. Es können alle nöthig er-
scheinenden Vorkehrungen getroffen werden, um die Entweichung der
Kriegsgefangenen zu verhindern. Weitere Übel, welche den Kriegs-
gefangenen zugefügt werden, sind ein Unrecht.
Allerdings wird die Behandlung der Kriegsgefangenen nach der
Cultur und Civilisation des Landes, in welchem sie sich befiuden, und
nach der Nationalität, welcher sie angehören, eine verschiedene sein.
Jedenfalls muss auch in Bezug auf die Behandlung der Kriegsgefangenen
der militärischen Nothwendigkeit Rechnung getragen werden. Eine Be-
rücksichtigung der Kriegsgefangenen, welche den eigenen militärischen
Interessen Schaden bringen könnte, kann auch vom Rechtsstandpunkte
nicht gefordert werden. Lehren des modernen Völkerrechts, welche die
Operationen der Kriegsleitung beengen, den taktischen oder kriegs-
administrativen Maßnahmen hindernd in den Weg treten, werden immer
die Abneigung der militärischen Kreise hervorrufen (Lentner, „Das
Recht im Kriege“, S. 18). Jedenfalls ist das Urtheil militärischer Autori-
täten über das Recht im Kriege maßgebend, da die Hauptaufgabe des
Krieges die Besiegung (des Gegners und die Rettung des Vaterlandes
ist. Aus militärischen Rücksichten wurden auch die Beschlüsse der
Brüsseler Conferenz vom Jahre 1874 von den Staaten nicht ratificiert.
Obwohl die Regierungen durch ausgezeichnete Militärs und hervor-
ragende Juristen vertreten waren, wurden doch Beschlüsse gefasst,
welche die Staaten als bindende Norm für die Zukunft festzusetzen
Bedenken trugen. Allerdings haben die Beschlüsse der Conferenz auf
die Abfassung von Reglements und Militär-Strafgesetzen bereits Ein-
fluss geübt.
Der Kriegsgefangenschaft unterliegen alle Personen der feindlichen
Wehrmacht, sowohl die Combattanten als die Nichteombattanten (S. 200).
Auch Personen, welche der Armee folgen, olıne zu derselben zu ge-
hören (Lieferanten, Berichterstatter von Zeitungen etc.) können im Falle
ihrer Ergreifung zurückbehalten und wie Kriegsgefangene behandelt
werden. Rücksichtlich der Berichterstatter hat auf der Brüsseler Con-
ferenz der holländische Delegierte Landsberge den Antrag gestellt, die-
selben von der Kriegsgefangenschaft auszunelimen. Der deutsche De-