Das Recht und die Pflicht der Anwendung der Walte. 19
Gebrauch machen darf und soll. Für den Soldaten gelten aber in der
Lehre von der Nothwehr folgende Ausnahmen:
1. Eine Überschreitung der Nothwehr aus Furcht
wird bei dem Soldaten, der die Pflicht der Tapferkeit
durch denFahneneidangelobt„nichtangenommen werden
können. Derjenige, welcher auf dem Schlachtfelde als Held kämpfen
soll, kann sich nicht zur Beschönigung einer Handlung auf Furcht be-
rufen. Dagegen kann niemandem, und namentlich nicht einem
Soldaten zugemuthet werden, einem rechtswidrigen Angriffe durch
Flucht zu entgehen. Wenn also auch erwiesen ist, dass der Angegriffene
sein Recht durch Flucht hätte retten können, so ist doch die Nothwehr
gerechtfertigt.
2. Eine weitere Modification in der Lehre von der
Nothwehrentstehtdurch das Verhältnis desUntergebenen
zum Vorgesetzten. Es fragt sich nämlich, ob dem Untergebenen
eine Nothwelhr auch gegen den Vorgesetzten gestattet ist? Es kann
nicht bezweifelt werden, dass außer Dienst dem Untergebenen das
Recht der Nothwehr auch gegen rechtswidrige Angriffe des Vorgesetzten
zusteht. Im Dienste gestaltet sich die Sache durch das strengere Ver-
hältnis der Subordination anders. Es kann nicht behauptet werden,
dass im Dienste die Nothwehr dem Untergebenen gegen den Vor-
gesetzten ganz untersagt sei, da unser Gesetz die Nothwehr im allge-
meinen für zulässig erklärt und nicht zwischen Vorgesetzten und Unter-
gebenen, zwischen Dienst und dem Verhältnisse außer Dienst unterscheidet.
Es ist auch unzweifelhaft, dass man den Untergebenen nicht verpflichten
kann, alle rechtswidrigen Angriffe des Vorgesetzten im Dienste, etwa
Angriffe gegen sein Leben, ohne sich zu vertleidigen, zu erdulden.
Allein die strenge Subordination, welche dem Soldaten auferlegt, im
Dienste selbst Unrecht stillschweigend hinzunehmen, wird doch oft die
Annahme der Nothwehr ausschließen, selbst wenn dieselbe sonst, ab-
gesehen von dem Verhältnisse des Dienstes, gestattet wäre. Es dürfte
wohl unmöglich sein, im voraus zu bestimmen, gegen welche rechts-
widrigen Angriffe im Dienste dem Untergebenen die Nothwehr gestattet.
ist. Es wird daher vom Standpunkte der Gesetzgebung am passendsten
sein, dem Ermessen des Kriegsrechts im einzelnen Falle anheimzustellen,
ob nach den militärischen Begriffen der Untergebene, der im Dienste
dem Vorgesetzten einen Widerstand entgegensetzte (sich gegen einen
Angriff desselben vertheidigte), strafbar ist, oder ob er sich nur der
Nothwehr bediente. So ist es auch nach unserem österreichischen Militär-
Strafgesetze.
3. Rücksichtlich der Officiere hat die Lehre von der
Nothwehr eine wesentliche Modification erfahren. Während
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