VORREDE.
Obwohl die in diesem Bande gesammelten Abhandlungen ver-
schiedene Fragen des Militärrechts behandeln, liegt doch allen der eine
Gedanke zugrunde, die wissenschaftliche Behandlung des allgemeinen
Rechts auch für das Militärrecht zur Geltung zu bringen.
Alle Zweige des Rechts stehen, wie auch Liszt („Österreichisches
Pressreclt“) betont, miteinander in einem unlöslichen, organischen Zu-
sammenhang. Ein von dem Stamme losgetrennter Zweig verkümmert
nothwendigerweise und stirbt ab. Die wissenschaftliche Behandlung
des Militär-Strafrechts, als eines eigenartigen Zweiges des Strafrechts,
welcher der Fortbildung noch gar sehr bedarf, muss daher die gleiche
wie die des allgemeinen Strafrechts sein und auch überall an die Wissen-
schaft des allgemeinen Strafrechts anknüpfen.
Die wissenschaftliche Darstellungsweise des Rechts ist die philo-
sophisch-historische. Die Gelehrsamkeit verträgt keine fabriks-
mäßige Vertheilung der Arbeit, nach welcher z. B. der Jurist nur eine
empirische Kenntnis der bestehenden Gesetze und Vorschriften zu be-
sitzen brauchte. Die Philosophie erstreckt sich, wie Kant („Der
Streit der Facultäten“) sagt, auf alle Theile des menschlichen Wissens,
indem sie alle Wissenschaften zum Gegenstand ihrer Prüfung und Kritik
macht. Die Philosophie strebt, „da sie nicht ein crede, sondern nur ein
freies credo kennt“, nach Erforschung der Wahrheit und daher nach
Förderung der Wissenschaften. Die Philosophie ist nicht, wie man in
frühern Zeiten zu sagen beliebte, die Magd einer andern Wissenschaft, sie
trägt vielmehr den andern Wissenschaften die leuchtende Fackel voran.
Die historische Behandlung des Rechts ist durch die Ent-
wicklung desselben vorgezeichnet. Das Recht kennt (um mit Savigny,
dem Begründer der rechtshistorischen Schule, zu sprechen) keinen ab-
soluten Stillstand, es wächst mit dem Volke fort und stirbt endlich ab,