34 Subordinations-Verletzung durch Herausforderung zum Zweikampte.
Fällen waren es immer Feinde, welche gegeneinander im Interesse des
Staates kämpften; der Einzelkampf hatte einen öffentlichen und nicht
einen privaten Charakter.
Der Zweikampf als ein Kampf, um sich für eine Ehrenkränkung
Genugthuung zu verschaffen, gehört der germanischen Welt an. Der
Zweikampf entstand zuerst bei den Scandinaviern und verbreitete sich
von dort nach und nach über alle Länder Europas. Im Mittelalter zählte
der Zweikampf zu den gerichtlichen Beweismitteln, indem der Grund-
gedanke war, dass die Gottheit den Beleidigten schützen werde. Auch
im Faust- und Fehderecht, da jeder sich sein gutes Recht mit der Waffe
erkämpfen sollte, sind geschichtliche Wurzeln des heutigen Duells zu
finden. Anfänglich war der Zweikampf ein Vorrecht der Ritter, allein
die Satisfactionsfähigkeit wurde dann auf die gute Gesellschaft über-
haupt ausgedehnt. Der Grundgedanke des Zweikampfes ist die germa-
nische Ansicht von der Persönlichkeit der Ehre. Die Ehre ist nach ger-
manischer Auffassung ein innerer Wert der Person, welche von jedem
selbst, nöthigenfalls mit Einsetzung des Lebens, gegen Kränkung ver-
theidigt werden soll. Nach dieser Ansicht kann nur durch den Kampf
mit dem Gegner, dessen Satisfactionsfähigkeit vorausgesetzt, nicht aber
durch den Ausspruch eines Dritten die gekränkte Ehre hergestellt
werden. Der Zweck der Herausforderung zum Zweikampfe ist, den Be-
leidiger zur Rechenschaft zu ziehen und sich so Genugthuung für eine
Ehrenkränkung zn verschaffen. Nach heutiger Auffassung wird „der
Zweikampf als ein unter Umständen noch unvermeidliches Übel betrach-
tet, das möglichst und auf wirklich ernste Fälle zu beschränken sei“.!)
Zweifellos ist, dass die Standesrücksichten den Zweikampf unter
Umständen gebieten. Es liegt hier ein Widerstreit zwischen Standes-
ansicht und Gesetzgebung vor. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben,
dass die oft barbarischen Strafnormen des Mittelalters gegen den Zwei-
kampf die Sitte des Zweikampfes nicht aus der Welt schaffen konnten.
Die Rechtsgeschichte lehrt, dass oft (namentlich in früheren Zeiten)
die strengsten Strafen gegen die Duellanten vollzogen wurden, dass
jedoch sehr oft von dem Begnadigungsrecht Gebrauch gemacht werden
musste, um den Widerstreit zwischen Gesetz und Standesansicht aus-
zugleichen.
Die heutige Form des Zweikampfes ist französischen Ursprunges.
Die älteren deutschen Gesetze enthalten aus Standesrücksichten
für den Adel keinerlei Strafbestimmungen gegen den Zweikampf. Nach
dem Dreißigjährigen Kriege trat jedoch die Gesetzgebung, sowohl die
I) „Handwörterbuch der gesammten Militär - Wissenschaft“ von B. Poten,
1X. Bd., S. 395.