Die Grenzen des Disciplinar-Strafrechtes. 55
Was das Finden verlorener Sachen betrifft, so macht sich nach
unserem Gesetze ($ 506 «) eines Betruges schuldig, wer gefundene Sachen
verhehlt und sich zueignet, und zwar anch dann, wenn der Wert der
gefundenen Sache einen Gulden nicht beträgt. (Anderer Ansicht: Löffel-
mann, „Das Disciplinar-Strafrecht*, 1876.) Obwohl das Dienst-Reglement,
nicht ausdrücklich vom Betruge spricht, halten wir dennoch die Dis-
ciplinarbestrafung wegen geringfügiger Betrügereien, wenn der Schaden
fünfzig Kreuzer nicht beträgt, für statthaft. Es muss sich jedoch um
wirklich verlorene Sachen, d. h. solche Sachen handeln, welche aus dem
Besitze des Eigenthümers gekommen sind.
Es kann daher, wenn der Soldat eine auf dem Boden des Zug-
zimmers liegende Sache sich zueignet, nicht von einem Finden gesprochen
werden, da man im Zugszimmer nichts verliert. Es ist in einem solchen
Falle vielmehr Kameradschaftsdiebstahl vorhanden, welcher nur der ge-
richtlichen Behandlung unterliegt.
Damit eine Disciplinarbestrafung wegen gewinnsüchtiger Hand-
lungen eintreten kann, ist ferner nöthig, dass der Thäter geständig ist. Die
Folgen einer solchen Bestrafung sind nämlich so schwere, dass dieselbe
nur gestattet wird, wenn sich der Schuldbeweis auf die eigene Angabe
des Beschuldigten gründet. Leugnet er, so ist die Straf-Anzeige zu
verfassen. ’
Endlich darf der Beschuldigte, soll eine Disciplinarstrafe zulässig
erscheinen, keine Charge bekleiden. Wegen strafbarer Handlungen aus
Gewinnsucht hat nämlich die Degradierung der Chargen einzutreten,
diese kann aber nur kriegsrechtlich oder auf Grund des Warnungs-
Constituts erfolgen.
Schließlich müssen wir hier noch aur eine Bestimmung des Dienst-
Reglements hinweisen, durch welche das Disciplinar-Strafrecht gegen-
über dem kriegsrechtlichen Verfahren beschränkt ist. Im Punkte 649
heißt es nämlich: „Officiere, Officiers-Stellvertreter und Cadetten, welche
in der Qualifications-Liste als lau oder saumselig in Erfüllung der
Dienstobliegenheiten geschildert erscheinen, nach Eintragung dieser
Bemerkung in dem nämlichen oder im folgenden Jahre aus gleichen
Ursachen zweimal mit Arrest bestrafi worden sind, und abermals rück-
fällig werden, sind der strafgerichtlichen Behandlung zu überantworten.“
IV.
Das Disciplinar-Strafrecht ist, außer durch das Strafgesetz, noch
durch das ehrenräthliche Verfahren beschränkt.
Die Ehre muss zur Erhaltung des militärischen Geistes, nament-
lich im Officier-Corps, als dem Träger der militärischen Ehre hoch-