Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Die Militär-Gerichtsbarkeit in ihrer historischen Entwicklung etc. 65 
für das in das Feld gezogene Aufgebot vor. Es waren Strafen bestimmt 
gegen jene, welche dem Aufgebote zu einem Feldzuge nicht Folge 
leisteten, gegen Feigheit, Meuterei, gegen die treulose Heeresflucht 
(Heriliz), welche als Landesverrath mit dem Tode bestraft wurde. Die 
Strafen waren, außer der erwähnten Todesstrafe, Vermögens-Confiscation, 
Landes-Verweisung, Geld- und Leibesstrafen. 
Die Strafgewalt stand, wie die römischen Schriftsteller ©. J. Cäsar 
und C. Tacitus berichten, deu Priestern '’) zu, die mit dem Heerbanne 
auszogen, gieng aber nach und nach auf die Heerführer (Herizogo, 
Herzog) über. Der Heerführer hatte im Kriege große Gewalt, selbst 
über Leben und Tod. Ausgeübt wurde die Gerichtsbarkeit durch den 
(irafen, welchem auch im Frieden dieses Recht zustand und der im 
Kriege die waffenfähige Mannschaft ins Feld führen musste. Über Ver- 
brechen berief der Grat ein Gericht zusammen, welches aus sieben, 
später zwölf Schöffen bestand, in welchem Gerichte der Graf selbst 
den Vorsitz führte, aber sich auch durch einen ihm unterstehenden 
Heerführer (vicarius, centenarius, decanus) vertreten lassen konnte. 
Einen neuen Abschnitt in der Geschichte der Militär-Gerichtsbar- 
keit bildet das Auftreten der stehenden Heere. Die Militär-Gerichts- 
barkeit, welche den ständischen Charakter der Zeit annahm, wurde 
unbeschränkt anerkannt. Das Heer war ein geschlossener Stand mit 
eigener Gerichtsbarkeit in Civil- und Strafsachen.?) Das Recht, welches 
für das Heer galt, war in den Kriegsartikeln für die Landsknechte und 
in den Reiterbestallungen für die Reiterei (die Ritter) enthalten. 
Wichtige Militärgesetze waren die Kriegsartikel Maximilians I. vom 
Jahre 1508 und die Reiterbestallung Maximilians IL, gegeben auf dem 
Reichstage zu Speier im Jahre 1570. 
An der Spitze des Heeres stand entweder der Landeslherr selbst 
oder ein von ihm ernannter General (General-Oberst, Feld-Oberst). Der 
nächste war der General der Cavallerie oder Feldmarschall; der Com- 
mandant der Artillerie hieß Oberst-Feldzeugmeister. Den Obersten des 
Fußvolkes stand eine grobe Macht zu; sie hatten das Jus gladii über 
das Regiment, d. h. das Recht, Kriegsrecht anzunrdnen, die Urtheile 
bestätigen und vollziehen zu lassen. Den Regimentern war entweder 
das Recht der langen Spieße ertheilt, wo das Urtheil in drei Räthen — 
„Geschichte des deutschen Kriegsrechtes“, Berlin 1815: Molitor, „Die Kriegsgerichte 
und Militärsttrafen“, Wien 1855, S. 10 u. ff. 
1) Waitz, „Deutsche Verlassungs-Geschichte“, I. Bd., S. 352. 
2) Mittermaier a.a. O., S 55: anderer Ansicht Zachariae, „Handbuch des deut- 
schen Strafprocesses“, I, S. 382, unter Berufung auf ein Gutachten der juridischen 
Faeultät Wittenberg vom Jahre 1668. Man vergleiche das Werk: „Geschichte des 
deutschen, insbesondere des preubischen Kriegsrechtes" von Frieeius. Berlin 1848. 
Dangelmunier, Alilitärrechtl. Abhan-lunwen. D
	        
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