Die Bedeutung des militärischen Befehles für das Militär-Strafrecht. Sl
hätte vertheidigt werden sollen, seine Zustimmung gibt, oder auch nur
die feige Handlung des Commandanten, da er solche nach Vorschrift
der Dienst-Ordnung hätte hindern können, zu hindern unterlässt. Ist der
Mitschuldige einer von denjenigen, welche dem Commandanten im Range
am nächsten stehen, so soll er wie der Befehlshaber selbst bestraft
werden. Gegen die übrigen Mitschuldigen ist in den Fällen, wo den
Commandanten die Todesstrafe trifft, auf Kerker zwischen fünf bis zehn
Jahren, in anderen Fällen aber auf Kerker von sechs Monaten bis zu
einem Jahre und nach Umständen auch bis zu fünf Jahren zu erkennen.“
Die höhere Stellung ist hier ausdrücklich als Erschwerungsgrund ange-
geben, und ist dieselbe auch bei der Frage, ob der Untergebene, der
den Befehl befolgte, welcher objectiv eine strafbare Handlung bildet,
dies erkannte, in Betracht zu ziehen.
Es kommt, wie gesagt, noch auf die Umstände an, unter denen
der Befehl ertheilt wurde. Bei ruhiger Überlegung kann das Strafbare
einer Handlung, und namentlich, wenn sie vollbracht ist, und alle Folgen
eingetreten sind, leichter erkannt werden als vor der Ausführung der-
selben, insbesondere wenn die Handlung rasch erfolgen musste. Es wird
auch ein Unterschied zwischen Kriegs- und Friedenszeiten zu machen
sein. Im Kriege ist die Macht der militärischen Vorgesetzten eine größere
als ım Frieden. Soweit es der Kriegszweck nötlig macht, sind feind-
selige Handlungen gegen feindliche Personen und Eingriffe in das
Privat-Eigentlum gestattet. Wenn daher eine anbefohlene Handlung
etwas Strafbares enthält, so wird man den Untergebenen nur dann ver-
antwortlich machen können, wenn er selbst in Anbetracht der durch den
Krieg hervorgerufenen Verhältnisse das Strafbare der Handlung offen-
bar erkannte. Damit jedoch der Befelll den Untergebenen von der Zu-
rechnung einer strafbaren Handlung befreie, sind noch folgende Um-
stände erforderlich.
1. Der Befehl muss von einem Vorgesetzten, nicht bloß Höheren,
ertheilt worden sein, weil der Soldat eben nur den Befehlen seines
Vorgesetzten unbedingten Gehorsam schuldig ist.
2. Der Untergebene darf den Befehl nicht überschritten haben,
da er nur soweit durch den Befehl „gedeckt“ ist, als derselbe reicht.
3. Der Befehl des Vorgesetzten muss dem Untergebenen dienstlich
bekannt gegeben werden und muss in Dienstsachen ergangen sein, das
heißt, der Befehl muss eine solche Handlung bezwecken, welche eine
Dienstsache sein kann,!) da nur dann den Untergebenen die Pflicht
des Gehorsam trifft. Wenn z.B. der Wach-Commandant einem Soldaten
1) Damianitsch, „Commentar“, S. 29, hält den dienstlich ausgesprochenen Willen
des Vorgesetzten für einen Dienstbefehl; allein nach unserer Ansicht liegt ein Dienst-
befehl nur dann vor, wenn die anbefohlene Handlung eine Dienstverrichtung ist.
Dungelmaier, Militärrechtl. Abhandlungen. 6