Full text: Verfassung und Grundgesetze des deutschen Reiches.

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7. (Nr. 25.) Gesetz, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen. Vom 44. November 1867. 
B.-G.-Bl. Nr. 11 S. 159 ff. 
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. ver- 
ordnen 2c., was folgt: 
#. 1. Die Höhe der Zinsen, sowie die Höhe und die Art der 
Vergütung für Darlehne und für andere kreditirte Forderungen, ferner 
Konventionalstrafen, welche für die unterlassene Zahlung eines Darlehns 
oder einer sonst kreditirten Forderung zu leisten sind, unterliegen der 
freien Vereinbarung. 
Die entgegenstehenden privatrechtlichen und strafrechtlichen Bestim- 
mungen werden aufgehoben. 
#. 2. Derjenige, welcher für eine Schuld dem Gläubiger einen 
höheren Zinssatz als jährlich sechs vom Hundert gewährt oder zugesagt, 
ist zu einer halbjährigen Kündigung des Vertrages befugt. Jedoch kann 
er von dieser Befugniß nicht unmittelbar bei Eingehung des Vertrages, 
sondern erst nach Ablauf eines halben Jahres Gebrauch machen. 
Vertragsbestimmungen, durch welche diese Vorschrift zum Nachtheil 
des Schuldners beschränkt oder aufgehoben wird, sind ungültig. 
Auf Schuldverschreibungen, welche unter den gesetzlichen Voraus- 
setzungen auf jeden Inhaber gestellt werden, sowie auf Darlehne, welche 
ein Kaufmann empfängt, und auf Schulden eines Kaufmanns aus seinen 
Handelsgeschäften leiden die in diesem Paragraphen enthaltenen Vor- 
schriften keine Anwendung. 
§. 3. Wird die Zahlung eines Darlehns oder einer andern kredi- 
tirten Forderung verzögert, so bleibt auch für die Zögerungszinsen der 
bedungene Zinssatz maaßgebend, sofern derselbe höher ist, als die gesetz- 
lich bestimmten Zögerungszinsen. 
§S. 4. Die privatrechtlichen Bestimmungen in Betreff der Zinsen 
von Zinsen und die Vorschriften für die gewerblichen Pfandleih-Anstalten 
werden durch dieses Gesetz nicht geändert. 
§. 5. Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, zu bestimmen, daß 
die im F. 2. dieses Gesetzes eingeräumte Kündigungsbefugniß des Schuld- 
ners gänzlich wegfalle, oder daß ein höherer Zinssatz, als sechs Prozent; 
oder eine längere Kündigungsfrist, als sechs Monate, für die bezeichnete 
Befugniß maaßgebendsei. 
So weit einzelne Landesgesetze Bestimmungen enthalten, welche die 
erwähnte Kündigungsbefugniß des Schuldners ausschließen, oder in der 
bezeichneten Weise beschränken, bleiben dieselben in Gültigkeit, bis sie auf 
dem verfassungsmäßigen Wege des betreffenden Landes, oder durch ein 
Bundesgesetz abgeändert werden. 
Urkundlich 2c. 
Gegeben Berlin, den 14. November 1867. 
(L. S.) Wilhelm. 
Gr. v. Bismarck-Schönhausen.
	        
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