00 II. Teil. Heutige staatsrechtliche Stellung der Gberlausitz.
stehen. Da nun auf diese Weise die Oberlausitz innerhalb des Säch-
sischen Derbandes als ein ganz eigenartiges Gebilde hervortritt, so
trage ich kein Bedenken, derselben den Mamen einer Drovinz beizulegen,
wenn auch die eine Seite des Begriffs bei ihr nicht sehr scharf ent-
wickelt ist. Indem ich diese Ausdrucksweise wähle, befinde ich mich auch
mit der Sprache der Sächsischen Gesetzgebung, welche stets Bezeichnungen,
wie: Drovinzialverfassung, Drovinzialstände, Drovinzialstatut der DOber-
lausitz wählt, in Einklang. Freilich ist die Rechtsstellung der Oberlausitz
nicht, wie die gewöhnlicher Hrovinzen, eine durch den Staat nach
seinem Gutdünken diktierte, sondern eine mit ihr durch Dertrag ver-
einbarte. Es ist dies eine Folge ihrer historischen Sonderstellung. Die
Oberlausitz war nicht Staatsteil, nicht Drovinz in unserem Sinne.
Um sie zu einer solchen zu machen, mußte erst der Weg des Dertrages
mit ihr eingeschlagen werden. Moch mehr: ihre Rechtsstellung kann
nur im Wege des Kompromisses mit ihren Ständen geändert werden.
Es sind dies starke Abweichungen von dem gewöähnlichen Hrovinz-
begriffe, welche die Oberlausitz fast aus dem Rahmen desselben heraus-
treten lassen. Dennoch hat das Staatsrecht für solche Besonderheiten
keine besondere Bezeichnung. Es bleibt uns daher nichts übrig, als
die Oberlausitz zwar als eine besonders bevorzugte, aber dennoch als
eine Drovinz zu bezeichnen.
Ich schließe mit dem Wunsche, daß der Oberlausitz, welche in
guten und bösen Tagen stets treu zu Sachsen gehalten hat, auch in
Sukunft ihre Rechte und ihre gesonderte Stellung erhalten bleiben mögen.