16
.
zogen, die trüge gelblichte Spree in sich aufnchmend.
liegt dieses Berlin mit allen seinen wissenschalllichen
und Kunstschätzen und raffinirten Genüssen, nur den
niederen Kreutzberg zum Standpunkte lassend, von dem
aus man die grosse Stadt in dem grossen Einerlei von
Land öberschaut. Desshalb die gehobene Brust der Ber-
liner, sobald sic den Süddeutschen von der Hügelreihe
bei Freien walde, dieser nekermärkischen Mininturschweiz,
vordeklamiren. Diess ist nach dorthin bis Stettin die
Oase in einem Riesenumkreisse. Erst die lusel Use-
dom mil dem lieblichen Swinemünde, versöhnt wieder
mi" der langen und langweiligen Streecke. Der schönste
Strich Land in Nordpreussen bleibt aber gewiss immer
dic Insel Rügen und selbst diese stehl. einzelne Punkte,
wie Stubbenkammer, Arkona, ausgenommen, wo die
lielblaue Ostsee fluthet und bis zum fernsten Horizomt
reicht, der fränkischen Schweixz un Abwechslung und
Mannichfalligkei der weiteren und beschrünkteren Aus-
sichten von ihren Höhenpunkten ab, weit nach. Das
Fremd- und Grossartige der Insel Rügen ist schneller
absorbirt, als die vielen Schönheiten, die man von den
lieblichen Hochebenen der fräünkischen Schweiz und
ihren nachbarlichen Schwestern überblickt. Und alle
diesc ecmporragenden Punkte, selbst die höchsten, ha-
ben den Vorzug, dass in ihrem Gesichtskreis bei gün-
stiger Willerung Deutlichkeit und Bestimmheit der land-
schafllichen Segmente und Panoramen dic vollste Gel-
lung behalten. Diese Vorzüge jallen bei höheren Stand-
punkten selbstverstanden weg, Was sich schon im Fich-
lelgchirge, um Steigerwald, im Thüringerwald. auf den
Alpenzügen Tirols und der Schweiz, im llarz u. 8. W.,
mehr noch auf den höchsten Bergspitzen der krde er-
geben muss. Mit zunehmender Höhe nähern sich dort
die Aussichten den Vogelperspekliren, die man von
der Condel eines Aérostaten aus über die unten aus-
gebreitelte Flüche hat. Alle von solchen Standpunkten
gewonnenen Panoramen, Kreise mit riesenhalten Radien
müssen an der Deutlichkeit und Bestimmtheit verlieren,
um so mehr, je lünger diese Radien werden. Besteigen
Wir z. B. nur den 3000 Fuss hoch über die Meereslläche
sich erhebenden Brocken im Harzgebirge, so erhalten
Wir schon cine Rundsicht, deren Formen gänzlich in
einander verschwimmen und eine unbelriedigte Empfin-
dung erzeugen, die das beste Teleskop nicht beseitigt.
Diese Augenanstrengungen ermüden und geleiten zu
der richligen Behauplung, dass eine weise Beschrün-
kung für dus menschliche Leben in allen Verhällnissen
am räthlichsten sein möchte. Diese Behauplung lMindet
auf alle Aussichten, die man auf den Höhepunkten der
fränkischen Schweiz erhält, vollkommen ihre An-
wendung, auf allen hat man den vollen und ganzen
Genuss, der noch dazu nicht durch schr anstrengendes
Bergsteigen verkümmert wird. Wenn für das Ge-
schmacksurtheil in dem gesammien Felde der Kunst
die Comlaration die Analogieen an die Hand giebt,
aus denen die ldec eines ästhetischen Gebildes zu
schöptfen ist, so sind die Vergleichungen bei den Schö-
plungen der Natur steis elwas Cewagtes, nic zu einer
inneren und äusseren BRechiferligung Führendes. Ver-
bleiche zwischen den Rhein- und Donauufern haben
steis zu schwanken Resultaten geführt, als decisif
stellte sich nur das heraus, dass die Uler der beiden
Strömme überraschend schöne Bilder gewähren, die zu-
weilen ins Grossarlige, immer aber ins Pittoreske fal-