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nicht,“ endete der Riese. Der Graf fühlle den Schmerz
einer gebrochenen Blüthe in seinem Herzen, aber er
wandte nichts ein gegen Ruodo's Worte. „Bleibt in
meiner Wohnung, so lange es Euch gefällt, doch er-
zeigt mir auch die Freundschaft, von Eurer Neigung zu
meifem Kinde zu schweigen und sie vor lieferem Leid
zu bewahren.“ — Der Ritter gab das Versprechen mil
in die Hand des Riesen gelegier Rechte und das Ver-
sprechen wurde treu gehallen, bis das Schicksal selhst
das Siegel daran entzwei brach.
Oie Nachrichten von dem Eindringen der Ungarn
in Deutschland wurden lauter und lauter, Flüchtlinge,
die von der Donau herauf kamen, erzählien Entselz
liches über Zahl und Slürke dieser wilden sellsam und
phaniastisch bewaffneten Schaaren und bald Kamen ihre
Vorposten selbst über die Bergrücken. Auf der Burg
Ruodo's ging es höchst bewegt zu, Weiber und Kinder
fanden mit ihrer Habe dort schützendes Obdach, die
Männer befestiglen mit dem Riesenführer Rucdo die
grosse Burg weithin auf dem mächligen Nacken
des Berges. Dabei musste der Rilier die Werke, die
der Riese vollbrachte, mit Staunen und Bewunderung
beltrachten. Endlich kamen auch die Feinde heran.
Dreimal stürmien sie zur Riesenburg herauf, dreimal
wurden sie zurückgeworlen. Zum vierten Sturme schick-
ten sie sich aon und ballen sich diessmal in zwei lleer-
haufen getheill. Während Rucdo dem grösseren mil.
seinen Gelreuen enigegenellle und dort die Glieder lich-
tele, erstieg der zweite die Ringmauern und richtete in
der Burg unter den Wehriosen ein fürchterliches Blut-
bad an. Verzweiselnd dachte der Riese an die Seini-
gen. Sein Weib war ein Opler der feindlichen Schwer-
ter geworden. Hulda halle den Riller beschützt und
geretlet, eine Höhle barg sie vor den Barbaren. Ruodo-
lochl wie ein Wüthender, mil übernalürlich scheinender
Kraft griff er in die Felsmassen und schleuderte die
Trümmer unter die endlich fliehenden Ungarn binal,
doch ihn selbst halte ein schwirrender Pfeil zu Tode
gelroflen. Er halle aber doch noch die hehre Freude,
seine Hulda zu schen, die der Riller zu dem slerbenden
Vater geführt haltc. Er legie drauf die Hände beider
zusammen und verschied. Bis auf den heuligen Tag
hal das Volk jene wunderbare Felsenaufthürmung die
Riesenburg genannt und kein Besucher der fränkischen
Schweiz wird die Sielle unbesichligt lassen, wo sonder
Zweisel ricsige Kräste nöthig waren, diesc kolossale Ce-
slallung zu Stande zu bringen.
Dans Todlengerippe.
Je näher man der Natur und ihren Bildungen (iritl.
je bestimmter der Kreis der Erklärungen derschben wird,
desto weiter weicht das Wunderbare, Deber- oder viel-
mehr Widernatürliche zurück und eine Wirkung, die
uns vielleicht wenige Tage vorher noch in Schrecken
verselzt hat, machl uns mil dem Bekanntwerden der
Ursache über unsere kindische Furchl lachen. Eine
solche Bewandiniss hal es mit dem Windloch bei El-
bersdorf in der Potlensteiner Cegend. eine schöne Tropf-
steinhöhle, in der ein starker Zugwind wecht, der wie
ein ängslliches Geheul lautel, und früher glauben machte,
es hause ein böser Ceisl darin, wesshalb sich auch
Niemand hineinwagte. Vor elwa zweihundert Jahren
stand noch dazu ein Todlengerippe in der Nähe der
Hôhle, das mit dem bösen Höhlengeiste von dem Volke