106 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 8 13.
die Versorgung der Witwen und Prinzessinnen der erloschenen Linie zu bestreiten
(Hausges. 8 54). Erst wenn sich nachträglich wieder eine nachgeborene Linie im königlichen
Hause ergibt, „reviviscirt“ die Sekundogenitur und jene Last erlischt (Hausges. 8 51,
g 54). —
Als die Verfassung beraten wurde, war Prinz Maximilian, der jüngere Bruder von
König Anton, Inhaber der Sekundogenitur; als solcher war er auch in dem den Ständen
damals mitgeteilten Hausgesetze bezeichnet. Als nun das Hausgesetz vom 30. Dezember
1837 erging, war der König Anton gestorben, Prinz Maximilian hatte die Krone aus-
geschlagen und sein älterer Sohn Friedrich August war König geworden. Demnach hätte
Prinz Maximilian die Sekundogenitur behalten und seine Linie, soweit sie nicht zum
Throne gelangt war, daraus zu unterhalten gehabt; diese umfaßte noch seinen zweiten Sohn,
den Prinzen Johann, und dessen Nachkommenschaft. Das Gesetz wollte aber die Sache
so behandeln, als hätte Prinz Maximilian die Krone erworben und nachträglich niedergelegt
und so die Sekundogenitur zugunsten seines zweiten Sohnes, Johann, verloren.16) Zu-
gleich nahm man an, daß der Apanage-Anspruch des Prinzen Maximilian wieder auf-
gelebt sei, wie er bestanden hatte vor Erwerb der Sekundogenitur und der Krone (Hausges.
45).1
Nach dem Tode Friedrich Augusts II., 1854, wurde sein Bruder Johann König und die
Sekundogenitur ging in Ermangelung einer nachgeborenen Linie auf seinen zweiten Sohn,
Prinzen Georg, über. Als der Kronprinz Albert 1873 den Thron bestieg, änderte sich daran
nichts. Als er aber 1902 ohne Leibeserben verstarb und Prinz Georg sein Nachfolger
ward, erledigte sich die Sekundogenitur von neuem. Eine nachgeborene Linie war damals
nicht vorhanden; der ganze Mannesstamm bestand im König und seiner Nachkommenschaft.
Der nunmehrige Kronprinz Friedrich August war von der Sekundogenitur ausgeschlossen;
sie fiel an seinen ältesten Bruder, den Prinzen Johann Georg in dessen Linie sie nun nach dem
Rechte der Erstgeburt in agnatischer Linealfolge gemäß Hausges. #47 sich vererben soll. 15)
16) So begründet Hausges. § 44 ausdrücklich die getroffene Anordnung: „da mit dem Ableben
des Königs Anton der Prinz Maximilian Inhalts der gesetzlichen Sukzessionsordnung zur Thron-
folge berechtigt gewesen, so tritt Prinz Johann in den freien Genuß der Sekundogenitur ein“.
In Landt.-Akten 1837 1, 2 S. 265 wird das noch genauer ausgedrückt: „die Verzichtleistung des
Prinzen Maximilian hat den erworbenen Rechten des Prinzen Johann keinen Eintrag tun können“.
— Den geltenden Rechtsgrundsätzen entspricht diese Auffassung nicht; bei Ausschlagung der Krone
wird angenommen, daß ein Anfall an den Ausschlagenden überhaupt nicht stattgehabt habe.
Seydel, Bayr. Staats-R. 1 S. 200, 2254 Rehm,R Mod. Fürstenrecht S. 400. Da das
Staatsgesetz aber zugestimmt hat, daß es so gehalten werde, und das Staatsgesetz machen kann,
was es will, so ist die Sache in Ordnung.
17) Diese zweite Annahme widerspricht der ersten: wenn Prinz Maximilian nach Erwerb
der Krone abgedankt hat, so ist nicht zu sehen, wie ein Anspruch auf Apanage für ihn wieder ent-
standen sein soll. Es ist freie Verfügung des Gesetzes.
18) Zur Veranschaulichung des Ganges der Sekundogenitur dient folgende kleine Stamm-
tafel. Die Sekundogeniturinhaber sind im Druck hervorgehoben und die beigesetzte Jahreszahl
bezeichnet die Zeit ihrer Inhaberschaft.
König Anton Prinz Maximilian
1 836 —
König Friedrich August II. Prinz Johann Wächee König)
f1854 1837 1864 1873
König Albert Prinz Georg * L0i)
1 1902 1854—1902
König Friedrich August III. Prinz Johann Grorg
1902 —